Dass das Zinsumfeld im letzten Jahrzehnt schlecht war, ist allbekannt. Besonders traf dies die Kantonalbanken bei ihrem Kerngeschäft. Also bei jenem Geschäft, bei dem sie Geld von Personen im Kantonsgebiet entgegennehmen und es zu höheren Zinsen ausleihen, etwa als Hypothek. Es gilt als sicheres Geschäft, denn die Kantonalbanken können die Risiken im Kantonsgebiet durch die geografische Nähe gut abschätzen und darüber hinaus dienen ihnen die Immobilien, die durch die Hypotheken finanzierten Liegenschaften, als Sicherheit.
Bringt das Kerngeschäft immer weniger Geld ein, sucht man sich ein anderes, besseres. Auch ausserhalb des Kerngebiets. So geschehen ist dies wohl bei den Kantonalbanken, als sie René Benko und seiner Signa-Gruppe Kredite verteilten. Das Kreditgeschäft ist zwar sehr lukrativ, da es hohe Zinsgewinne abwirft, aber ebenso riskant, wegen der hohen Summen und des dadurch entstehenden Klumpenrisikos.
Ausfall dürfte zu verkraften sein
Zudem sind Risiken für Kredite an ausländische Firmen oder Personen schwerer abschätzbar und erfordern besondere Vorsicht. Für den Professor für Wirtschaftsrecht Peter V. Kunz ist klar: Den meisten Kantonalbanken fehlt die Expertise, wenn es um ausländische Konstrukte und Schuldner geht. «Hier hat man sich ein bisschen zu weit aus dem Fenster gelehnt.» Die Folge: Die am finanziellen Abgrund taumelnde Signa-Gruppe schuldet verschiedenen Kantonalbanken Millionenbeträge.
Etwa der Kantonalbank Obwalden. Bei ihr hat Benkos Gruppe rund 25 Millionen Euro an Schulden offen. Für eine kleine, kantonale Bank nicht wenig, mit einem Eigenkapital von über 500 Millionen aber wohl selbst bei einem Totalausfall gut verkraftbar. Ivo Herzog, Präsident der Aufsichtskommission der Obwaldner Kantonalbank, gibt zudem zu bedenken: «Die Forderung ist mit einer grossen Liegenschaft in Zürich abgesichert.»
Damit dürfte der Globus am Löwenplatz gemeint sein. Der Wert der Liegenschaft beträgt nach Schätzungen mehr als eine halbe Milliarde Franken. Also alles kein Problem? Nicht unbedingt, findet Kunz, denn oft sei erst nach langen, teuren Rechtsstreitigkeiten klar, ob die Sicherheiten ausreichten. Selbst wenn die Forderung gedeckt wäre, entstünde für die Bank ein enormer Aufwand, und die Reputation wäre auch geschädigt.
Kleinbank finanziert Immobilienimperium
In Obwalden sieht Ivo Herzog momentan noch keinen Bedarf, die Strategie zu ändern. «Es sieht nicht danach aus, dass da die Strategie komplett falsch war.» Für ihn ist es nicht aussergewöhnlich, dass die Obwaldner Kantonalbank auch ausserhalb des Kantonsgebiets Kredite vergibt. Diese machten aber nur einen kleinen Teil aus, denn 93 Prozent aller Kredite würden in der Region vergeben.
In der Tat ist es nicht aussergewöhnlich, dass Kantonalbanken auch ausserkantonale Kredite vergeben. Zumal kantonale Grossprojekte teilweise nur von mehreren Kantonalbanken gemeinsam in einem Konsortium finanziert werden können, damit keine übermässigen Ausfallrisiken entstehen. Trotzdem ist es ungewöhnlich, dass eine kleine Kantonalbank mit Staatsgarantie bei einem österreichischem Immobilienimperium im Risiko steht. Neben der Obwaldner haben auch die Aargauer, Bündner, Walliser und Zürcher Kantonalbank der Signa-Gruppe Kredite gewährt.
Positiv für die Kantonalbanken ist: Im Kerngeschäft dürfte es durch die jetzige Zinssituation wieder besser laufen. Und so müssen sie, um Gewinne zu erzielen, wieder weniger Risiko nehmen.