Pascal Strupler, Direktor des Bundesamts für Gesundheit (BAG), verkündete am Dienstagabend in der SRF-Sendung «Club», die Schweiz stehe kurz vor Vertragsabschluss mit der Firma Moderna. Deren Impfstoff, der im Moment die letzte Testphase vor der Zulassung durchläuft, gilt als einer der aussichtsreichsten Kandidaten gegen SARS-CoV-2. Ein Vertrag mit Moderna könnte es der Schweiz ermöglichen, die Impfung vor anderen Ländern einzusetzen.
Das Schweizer Vorgehen in der Impfstoffbeschaffung folgt einem internationalen Trend: Die USA haben sich in verschiedenen bilateralen Verträgen mit Pharmafirmen mehrere hundert Millionen Dosen an möglichen Impfstoffen gesichert. Auch Grossbritannien, Deutschland, Frankreich oder Italien haben mit grossen Pharmafirmen Verträge für Vorkaufsrechte abgeschlossen.
Impfnationalismus statt Kooperation
Noch vor wenigen Monaten gelobten viele reiche Länder, darunter die Schweiz, sich an der sogenannten Covax-Initiative zu beteiligen, die eine faire Verteilung eines Impfstoffs vorsieht. Die Devise der Initiative: wenn alle zusammenspannen, können sowohl reiche Länder wie Entwicklungsländer schnell mit einem zugelassenen Impfstoff versorgt werden und ihre besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen rasch versorgen.
Es ist ein Nullsummenspiel. Je mehr Länder Vorzugsverträge abschliessen, desto weniger Impfstoff ist für den Rest der Welt vorhanden.
Die nun immer zahlreicher werdenden exklusiven Verträge zwischen einzelnen Ländern und Pharmafirmen gefährden diese Pläne, so Suerie Moon, Leiterin des Global Health Center in Genf. «Es ist ein Nullsummenspiel. Je mehr Länder mit Firmen Vorzugsverträge abschliessen, desto weniger Impfstoff ist für den Rest der Welt vorhanden», gibt sie zu bedenken. Bisher hat die Schweiz die internationalen Bemühungen zur Zusammenarbeit bei der Impfstoffverteilung stark unterstützt. Ihr Verhalten hat deshalb durchaus auch Vorbildcharakter.
«Entmutigendes Signal»
Wie die Schweiz kämen auch andere Länder unter Druck, sich nicht mehr auf die internationale Kooperation zu verlassen und stattdessen direkt mit Pharmafirmen zu verhandeln, glaubt Moon. «Das ist ein entmutigendes Signal», sagt sie.
Nicht viel optimistischer klingt es bei Patrick Mathys, Leiter Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit beim BAG. Die Schweiz könne sich aufgrund ihrer Möglichkeiten im Rennen um einen Impfstoff gut positionieren, sagte er heute. «Dass die Impfstoffverteilung am Schluss nicht vollständig gerecht ist, davon müssen wir leider ausgehen», fügte er an.