Worum geht es? Vor rund zwei Jahren haben 20 grosse Pharmaunternehmen, darunter auch Novartis und Roche, einen Fund aufgesetzt, um die Entwicklung von neuen Antibiotika voranzutreiben. Nun nimmt die Entwicklungsoffensive konkrete Formen an.
Unter den ersten drei Unternehmen, die Geld aus dem AMR Action Fund erhalten haben, ist auch das Basler Biotechnologieunternehmen Bioversys. Eine Übersicht zu den wichtigsten Fragen und Antworten zu neuen Antibiotika.
Warum braucht es neue Antibiotika? Antibiotika sind ein wichtiger Bestandteil der modernen Medizin. Doch viele Erreger haben sich an Antibiotika gewöhnt und sind darum resistent. Die Medizin sucht deshalb nach neuen Antibiotika, gegen die die Krankheitserreger noch nicht widerstandsfähig sind.
Resistente Keime sind für den Menschen gefährlich. Gemäss Studien sterben jährlich 1.3 Millionen Menschen, weil bei ihnen Antibiotika nicht wirken. Bis zum Jahr 2050 könnten es sogar gegen 10 Millionen werden.
Warum ist die Suche nach Kapital für die Forschung neuer Antibiotika schwieriger als für andere Medikamente? Es gibt mehrere Gründe, die die Investorinnen abhalten: Zum einen sind es die hohen Forschungsrisiken und zum anderen die tiefen Umsätze, die später mit neuen Antibiotika erzielt werden.
Die Medikamente sind nicht nur günstig, sondern werden von den Ärzten auch zurückhaltend eingesetzt. Denn die resistenten Keime können sich schnell an neue Antibiotika anpassen. Neue Antibiotika sind also aus Sicht klassischer, gewinnorientierter Investoren weder preislich noch mengenmässig interessant.
Was müsste sich aus Sicht der Investoren ändern? Einig sind sich Investoren darin, dass neue Antibiotika weltweit nur zurückhaltend verschrieben werden sollen, sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin. Damit Unternehmen aber dennoch in die Forschung investieren, sollten gemäss Experten neue Vergütungsmodelle diskutiert werden. Damit sich ihr Geschäft lohnt, sollten Hersteller nicht eine möglichst hohe Stückzahl Antibiotika verkaufen müssen.
Wie könnten neue Vergütungsmodelle aussehen? In Grossbritannien und Schweden werden sogenannte «Abonnentensysteme» diskutiert. Pharma-Unternehmen übernehmen dabei die Kosten für die Forschung und Entwicklung.
Neue Antibiotika zur Verfügung zu haben ist sinnvoll, aber noch besser ist es, diese gar nicht einzusetzen.
Doch wenn sie die neuen Antibiotika auf den Markt bringen, werden sie vom Staat für eine bestimmte Zeit für dessen Bereitstellung entschädigt – unabhängig vom Verkauf. Thomas Cueni, Chef des internationalen Pharmabranchenverbands, vergleicht diese Modelle mit einer Brandversicherung: «Neue Antibiotika zur Verfügung zu haben ist sinnvoll, aber noch besser ist es, diese gar nicht einzusetzen.»
Auch Expertinnen und Experten des privaten Vereins «Runder Tisch Antibiotika» in der Schweiz, fordern neue Vergütungsmodelle. Die Schweizer Behörden zeigen sich bisher wenig offen für diese Ideen und verweisen auf die Koordination mit dem Ausland.
Was tut die Schweiz in Sachen Antibiotikaresistenzen? Der Bundesrat hat 2015 unter anderem eine nationale Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) lanciert. In der Human- und Tiermedizin, aber auch in der Landwirtschaft, werden zahlreiche Massnahmen umgesetzt, um Antibiotikaresistenzen zu vermeiden. Dazu gehören zum Beispiel auch Abwasserreinigungen.