Freundlich und konziliant im Ton, aber wenn nötig hart in der Sache. So kann man den Führungsstil von Guy Lachapelle beschreiben. Dass er als Chef Profil zeigt und auch in Kauf nimmt, mit einer klaren Haltung bei anderen anzuecken, hat Lachapelle während seiner gut fünfeinhalb Jahre an der Spitze der Basler Kantonalbank bewiesen.
«Steuerehrlichkeit»
So machte sich der studierte Jurist keine Freunde innerhalb der Finanzbranche, als er im Sommer vor drei Jahren sagte, Steuerehrlichkeit sei ein Muss für jeden, und betonte: «Wir wollen unser Geschäftsmodell nicht auf Steuerunehrlichkeit aufbauen.» Damals war klar, dass die Schweizer Banken kein unversteuertes Geld von ausländischen Kunden mehr akzeptieren dürfen. Denn das Bankgeheimnis gegenüber dem Ausland war gefallen.
Doch Lachapelle ging einen Schritt weiter: Er forderte, dass auch inländische Kunden ihr Geld nicht länger bei einer Schweizer Bank vor dem Fiskus verstecken dürfen. Dieses Schwarzgeld-Verbot zog er bei seiner Bank konsequent durch. Er nahm bewusst in Kauf, dass umfangreiche Kundengelder abflossen, weil gewisse Kunden durch die Weissgeldstrategie abgeschreckt wurden.
Allerdings wusste Lachapelle dabei den Kanton Basel-Stadt als Eigentümer der Bank hinter sich: Der Kanton hatte vorgegeben, das Geschäftsmodell dürfe nicht auf unversteuerten Geldern basieren.
BKB als gebranntes Kind
Auch die Basler Kantonalbank war zudem punkto Schwarzgeldgeschäfte erst aus Schaden klug geworden. Vor zehn Jahren, während der Finanzkrise und dem Steuerstreit der Grossbank UBS mit der US-Justiz, hatte die Basler Kantonalbank nämlich noch eine ganz andere Politik verfolgt. Sie nahm wissentlich US-Schwarzgeld-Kunden an, die bei der UBS nicht länger toleriert worden waren.
Dazu kam ein Betrugsskandal um den Vermögensverwalter ASE, in den die Basler Kantonalbank bereits vor Lachapelles Amtsantritt verwickelt gewesen war. Auch hier musste der neue Chef aufräumen, um die beschädigte Reputation der Bank wiederherzustellen.
Vorschusslorbeeren für den neuen Kapitän
Mit dieser Erfahrung als Krisenmanager machte sich Lachapelle einen Namen: Die persönliche Glaubwürdigkeit des künftigen Raiffeisen-Präsidenten sei ein wichtiger Punkt bei der Auswahl gewesen, sagt der Interimspräsident von Raiffeisen, Pascal Gantenbein: «Lachappelle hat mit verschiedenen Massnahmen dafür gesorgt, dass er einen sehr guten Ruf mitbringt und auch die Fähigkeit, eine Bank in schwierigen Phasen auch durch etwas unruhige Fahrwasser zu lenken.»
Über 250 Raiffeisen-Banken wollen gehört werden
Genau diese Fähigkeit muss Lachappelle nun bei Raiffeisen erneut unter Beweis stellen. Die Gruppe benötigt aber nicht nur einen führungsstarken Präsidenten mit solider Bankerfahrung.
An der Verwaltungsratsspitze der Genossenschaftsbank muss jemand stehen, der offene Ohren für die Anliegen der über 250 einzelnen Raiffeisen-Banken im Land hat. Denn draussen in den Regionen wollen die Raiffeisen-Banken eine Zentrale, die nicht alle Macht an sich reisst, sondern sich auch einmal zurücknimmt.
Vincenz-Nachfolge als weitere Herausforderung
Guy Lachapelle sei dazu fähig, meint Gantenbein: «Es geht letztlich auch um die Wahl einer Persönlichkeit, die bereit und fähig zu diesem für die Gruppe enorm wichtigen Dialog ist. Da ist Lachappelle meines Erachtens und auch nach Meinung des Verwaltungsrats die ideale Besetzung.»
Und schliesslich muss der neue Raiffeisen-Präsident zusammen mit seinen Kolleginnen und Kollegen im Verwaltungsrat möglichst rasch einen neuen Chef für die operative Leitung der Bank finden. Es gibt also viel zu tun, bis Raiffeisen unter Lachapelles Leitung wieder zum normalen Tagesgeschäft übergehen kann.