Das reichste Prozent der Weltbevölkerung verursacht so viele klimaschädliche Treibhausgase wie die ärmsten zwei Drittel der Welt. Das heisst es im neuesten Oxfam-Bericht. Laut dem Report «Climate Equality: A Planet for the 99 Percent» steigt der Treibhausgasausstoss der Menschen mit dem privaten Einkommen und Vermögen. Das zeigen Daten aus dem Jahr 2019.
Bericht der Entwicklungsorganisation Oxfam
Ursache sind unter anderem häufigere Flugreisen, grössere Häuser sowie insgesamt mehr klimaschädlicher Konsum. Im Extremfall sind das Luxusvillen, Megajachten und Privatjets.
Sind also die Reichen schuld am Klimawandel? Ja, sagt Klimaethiker Dominic Roser. Er arbeitet an der Universität Freiburg. Roser findet deutliche Worte: «Schuld sind wir alle. Klimawandel ist im Alltag verwoben. Jede Dusche und jedes Stück Käse ist mit Emissionen verbunden.»
Es gibt also nicht den Sündenbock. Schuldzuweisungen bringen laut Roser nicht viel. Denn die Emissionen in allen Ländern müssten auf null gehen, nicht nur die von den Superreichen. Ein weiteres Problem sei auch, dass die Menschen mit Reichtum diesen nicht einsetzen würden, um das Klimaproblem zu lösen.
Vergleiche mit der Schweiz
Zum reichsten Prozent gehören auch viele Schweizerinnen und Schweizer. Oxfam zählt alle Personen dazu, die im Jahr mehr als 140‘000 Dollar verdienen – das sind umgerechnet 123‘000 Franken im Jahr.
Natürlich gibt es immer noch Reichere. So stossen gewisse Privatjets in drei Stunden so viel CO₂ aus, wie ein normaler Durchschnittsschweizer in einem ganzen Jahr. Umgekehrt geht der Vergleich aber auch, so Roser: «Schweizer brauchen in drei Tagen so viel Energie wie Menschen in der Zentralafrikanischen Republik in einem ganzen Jahr.»
Im globalen Vergleich gehören also die Schweizerinnen und Schweizer zu denjenigen Menschen, die mehr verbrauchen als andere. Ein Grund, sich schuldig zu fühlen? In einem gewissen, sehr simplen Sinn seien wir schuldig, so Roser. «Das CO₂ tötet Menschen. Es ist abstrakt. Das CO₂ sind Moleküle, die in die Atmosphäre gehen und sich dort vermischen. Das löst am anderen Ende des Globus in ein paar Jahrzehnten einen Sturm aus. Und der Sturm tötet Menschen. Und das ist mein CO₂. Ich weiss nichts anderes zu sagen, als da bin ich schuldig.»
Nicht nur im Vergleich mit den Ärmsten trägt die Schweiz mehr zur Erderwärmung bei. Die Flugemissionen pro Kopf seien zum Beispiel in Deutschland halb so hoch wie in der Schweiz, sagt Dominic Roser.
Schuld sei jedoch nicht der beste Motivator, um etwas zu verändern. Andere psychologische Mechanismen würden uns viel mehr anziehen. Zum Beispiel, wenn Menschen merken, dass eine gute Zukunft möglich und die Challenge zu lösen sei.
Saubere Technologien als Lösung
Der Klimaethiker ist der Meinung, dass wir herausfinden müssen, wie wir ein aufblühendes Leben führen können, das nicht mit CO₂-Emissionen einhergeht – mehr Landwirtschaft, mehr Mobilität, Heizen ohne Treibhausgasemissionen. «Wir brauchen mehr saubere Technologien. Diese müssen billiger, attraktiver und verbreitet werden, um wirklich die globalen Emissionen zu senken.» Da könnten die Reichen mitwirken und den technologischen Fortschritt finanzieren.
Doch auch da bleibt offen, wie das geschehen soll: freiwillig oder durch Gesetze? Die Entwicklungsorganisation Oxfam schlägt in ihrem Bericht zum Beispiel vor, dass die Reichen höher besteuert werden sollen.
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