Schon der Vorgängervertrag des Pariser Klimaabkommens, das Protokoll von Kyoto, hat es Staaten und Unternehmen ermöglicht, Emissionen in einem andern Land zu reduzieren und dafür Zertifikate zu erwerben.
Mit äusserst beschränktem Erfolg allerdings, stellt Patrick Hofstetter, Leiter Klima und Energie beim WWF Schweiz und langjähriger Kenner der internationalen Klimadiplomatie fest: «Mehr als Dreiviertel der Reduktionen wären auch ohne Zertifikateverkauf zustande gekommen.» Die erhoffte Zusatzwirkung für den Klimaschutz sei ausgeblieben.
Aus Sicht der Atmosphäre ist es wichtig, dass die globalen Emissionen so schnell wie möglich zurückgehen. Unabhängig davon, wo dies geschieht.
Sprich: ein Industrieland hat in einem Entwicklungsland beispielsweise eine Windkraftanlage gebaut und sich dafür eine gewisse CO2-Reduktion gutgeschrieben, obschon die Windkraftanlage eigentlich auch ohne die Unterstützung des Industrielandes gebaut worden wäre.
Kommt neu dazu: Unter dem Pariser Abkommen haben alle Länder – auch die Entwicklungsländer – eigene Reduktionsziele, die sie erreichen müssen. Emissionsreduktionen eines Landes in einem anderen seien trotzdem sinnvoll, sagt Franz Perrez, Botschafter im Bundesamt für Umwelt und Chefverhandler der Schweiz an den internationalen Klimakonferenzen.
«Aus Sicht der Atmosphäre ist es wichtig, dass die globalen Emissionen so schnell wie möglich zurückgehen. Unabhängig davon, wo dies geschieht», so Perrez. Wenn die Schweiz zusätzlich zu Emissionen im Inland auch Emissionen im Ausland reduziere, helfe das, die globalen Emissionen zu reduzieren.
Allerdings konnten sich die Staaten bisher im Rahmen des Pariser Klimaabkommens nicht auf konkrete Regeln für solche Reduktionen eines Landes in einem anderen einigen. Weil die Schweiz laut CO2-Gesetz bis 2030 aber bis zu einem Viertel des eigenen Reduktionsziels im Ausland erreichen will, hat sie begonnen, bilateral mit Entwicklungsländern Verträge abzuschliessen.
Hofstetter vom WWF findet diese Abkommen besser als gar nichts: «Aber so etwas hat kurze Beine. Irgendwann muss die Schweiz selber die Emissionen auf Null reduzieren.»
Tatsächlich setzt bisher nur eine Handvoll anderer Industrieländer auf solche Emissionsreduktionen im Ausland. Auch, weil die Gefahr besteht, dass dadurch Emissionen im eigenen Land «zementiert» werden, also weniger ambitioniert angegangen werden. Das würde den Zielen des Pariser Abkommens tatsächlich zuwider laufen, stellt auch Perrez vom Bafu fest.
Reduktionen auch im Inland
Perrez wiederholt aber: «Die Emissionsreduktionen im Ausland sollen zusätzlich und nicht anstelle von möglichst ambitionierten Emissionsreduktionen im Inland erfolgen.» Auch wenn Perrez Klimaschutzprojekte im Ausland derzeit für sinnvoll hält, räumt er ein, dass sie eine beschränkte Lebensdauer haben, weil schliesslich alle Länder ihre Emissionen möglichst auf null reduzieren müssen.
Auch diejenigen, in denen die Schweiz auf und für die eigene Rechnung Klimaschutz macht: «Je schneller diese Emissionen zurückgehen, desto weniger Raum bleibt für Auslandkompensationen. Sie werden teurer und konzentrieren sich zunehmend auf komplexe Bereiche. In dreissig Jahren wird die Schweiz viel weniger im Ausland kompensieren können.»
Sie kommt nicht darum herum, da sind sich Klimadiplomat und WWF-Experte einig, ihren Treibhausgasaustoss im Inland so rasch wie möglich reduzieren – ob Klimaschutz im Ausland dies beschleunigt oder eher behindert, bleibt umstritten.