Die USA treiben die Entwicklung von selbstfahrenden Autos voran. Schon bald sind diese auf der Strasse zugelassen. Die neue Art der Mobilität wird das Geschäftsmodell der etablierten Autokonzerne auf den Kopf stellen, sagt der ehemalige Auto-Top-Manager Bob Lutz (86) voraus.
SRF NEWS: Es gibt noch viele offene sicherheitstechnische und rechtliche Fragen. Ist das selbstfahrende Auto wirklich die Zukunft?
Bob Lutz: Ich bin überzeugt, dass es zu einer massiven Reduktion von Unfällen führt, und besonders der Pendelverkehr wird fast doppelt so schnell.
SRF NEWS: Was ändert für die Autokonzerne?
Bob Lutz: Es ist das Ende der Autoindustrie in der heutigen Form. In Zukunft werden alle Autos gleich sein sein, nicht mehr im Privatbesitz und praktisch markenlos. Es wird einen fliessenden Übergang zu selbstfahrenden Autos geben. Zuerst werden private Fahrzeuge vor allem in Grosstädten verboten, ziemlich gleichzeitig auf der ganzen Welt.
Der Verkehr mit dem normalen Auto, wie wir es heute kennen, wird nur noch in Vororten und auf dem Land möglich sein, aber auch das nur noch eine Zeit lang.
SRF NEWS: Ihre früheren Arbeitgeber werden also bald ausgestorben sein?
Ausgestorben im Sinne, dass sie keine Autos mehr für Privatbesitzer produzieren, mit immer mehr PS und neuem Design. Das ist vorbei.
Aber die gescheiten Firmen werden nach wie vor Fahrzeuge herstellen, obwohl das kein grosses Gewinngeschäft sein wird. Die Wertschöpfung wird darin bestehen, eine grosse Autoflotte zu besitzen und betreiben.
SRF NEWS: Ein VW-Manager sagte mir, Menschen werden immer auf individuelle Automarken setzen und wollen sich nicht mit denselben «Büchsen» durch die Welt kutschieren lassen.
Bob Lutz: Das sagen die Auto-Manager aus PR-Gründen. Und sie meinen, das sei alles ferne Zukunft, deshalb kümmere es sie nicht. Aber sie wissen, dass es vorbei ist mit den Marken.
SRF NEWS: Das zweite Zukunftsthema ist der Elektroantrieb. Wie stehen Sie dazu?
Ich bin ein grosser Fan. Ich glaube langfristig an die Elektrifizierung und glaube auch, dass es weitere technische und elektrochemische Durchbrüche geben wird. Leistet eine Batterie einmal 600 bis 700 Kilometer Reichweite, und die Ladezeit wird kürzer, dann hat das Benzinauto keine Zukunft mehr. Das dauert aber noch 10 Jahre.
SRF NEWS: Der US-Konzern Tesla verspricht den Durchbruch dank massentauglichen Elektroautos, er muss seine Ziele aber ständig anpassen. Was sehen Sie für Tesla voraus?
Bei aller Genialität von Elon Musk: Tesla ist, von der Profitabilität her gesehen, ein Desaster. Der Konzern wird demnächst nochmals Kapital aufnehmen müssen, und irgendwann leuchtet es auch dem fanatischsten Investor ein, dass das Unternehmen keine Zukunft hat, und dann kommt der Kollaps. Tesla ist meines Erachtens sechs bis zwölf Monate vom Bankrott entfernt.