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Prozess in der Schweiz Rohstoffkonzern Trafigura vor Gericht

Der Genfer Rohstoffhändler Trafigura muss sich vor dem Bundesstrafgericht wegen mutmasslicher Korruption verantworten.

Worum geht es : Der Genfer Rohstoffhändler Trafigura muss sich vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona verantworten – wegen Korruption. Hochrangige Mitarbeiter und Mittelsmänner des Konzerns sollen zwischen 2009 und 2011 knapp fünf Millionen Franken Schmiergeld an einen angolanischen Amtsträger bezahlt haben, um im Ölgeschäft Angolas Fuss fassen zu können. Am 2. Dezember beginnt der Prozess. Das geforderte Strafmass will die Bundesanwaltschaft an der Verhandlung bekannt geben.

Wer ist Trafigura?

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Trafigura ist einer der rund 900 Rohstoffkonzerne, die in der Schweiz ihren Sitz haben. Das Unternehmen wurde 1993 gegründet und handelt vor allem mit Öl, Gas und Metallen. Mit zuletzt mehr als 240 Milliarden Dollar Jahresumsatz und Projekten in mehr als 150 Ländern gehört Trafigura zu den wichtigsten Rohstoffkonzernen der Welt. Die Firma ist nicht an der Börse kotiert, sondern gehört ihren Mitarbeitenden.

Die Angeklagten: Die Bundesanwaltschaft hat einerseits Anklage gegen Trafigura Beheer BV (TBBV), die frühere Muttergesellschaft der Trafigura-Gruppe, erhoben. Das Unternehmen soll zu wenig getan haben, um Korruption durch Mitarbeiter zu verhindern. Darüber hinaus wirft die Anklage drei Personen Bestechung vor: erstens dem angolanischen Manager und Staatsangestellten, der Geld und weitere «ungebührende Vorteile» von Trafigura angenommen haben soll. Der zweite Angeklagte, ein ehemaliger Mitarbeiter von Trafigura, soll als Mittelsmann Zahlungen an den Angolaner abgewickelt haben. Der dritte Beschuldigte heisst Michael Wainwright, bis im Frühling 2024 noch Chef des operativen Geschäfts von Trafigura. Wainwright weist die Bestechungsvorwürfe an ihn zurück und wird sich vor Gericht verteidigen.

Die Stellungnahme von Trafigura

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In einem Statement von Mitte November weist Trafigura die von der Anklage erhobenen Vorwürfe zurück. Der Konzern schreibt, dass er seine Mechanismen gegen Korruption und Bestechung extern habe überprüfen lassen. Sie seien «hinsichtlich der geltenden gesetzlichen Anforderungen und internationalen Standards» als rechtskonform beurteilt worden. Man habe zudem «über Jahre hinweg erhebliche Ressourcen in die kontinuierliche Stärkung der Compliance» investiert. Unter anderem habe man sich entschieden, die Nutzung von Drittparteien für die Geschäftsanbahnung, also Mittelsmänner, ab 2019 zu verbieten. Trafigura toleriere keine Verletzung seiner Compliance-Kontrollen oder des Code of Conducts.

Die Vorwürfe im Detail: Es geht um fast fünf Millionen Franken - mit so viel Geld soll Trafigura über Mittelsmänner den angolanischen Staatsangestellten geschmiert haben. Als Gegenleistung, so die Anklage, habe der Angolaner Trafigura bei Geschäften in seiner Heimat begünstigt. Zwischen 2009 und 2010 sollen so insgesamt neun Verträge zwischen Trafigura und der staatlichen Ölfirma zustande gekommen sein, es sei dabei um die Charterung und Bunkerung von Öltankern gegangen. Bis zum heutigen Tag hat Trafigura gemäss Anklage mit diesem Geschäft Gewinne in Höhe von über 140 Millionen Dollar erzielt.

Warum der Prozess aussergewöhnlich ist: Zum ersten Mal steht einer der grossen Rohstoffkonzerne der Schweiz wegen Korruption vor einem Bundesgericht, und zum ersten Mal geht es dabei auch um dessen Spitzenmanager. Üblicherweise versuchen Konzerne wie Trafigura solche Fälle aussergerichtlich zu regeln. Dass es dieses Mal anders ist, verschaffe der Öffentlichkeit einen aussergewöhnlichen Einblick, sagt Oliver Classen von der Schweizer Nichtregierungsorganisation Public Eye: «Wir haben jetzt eine 150-seitige Anklageschrift, die detailliert – für Trafigura viel zu detailliert – das Korruptionsschema des Konzerns in Angola darlegt.»

Die Schweiz und die Rohstoffe

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Wenn es um Öl, Gas, Metalle und Agrarrohstoffe geht, ist die Schweiz einer der wichtigsten Handelsplätze der Welt. Und die Bedeutung des Rohstoffhandels für die Schweizer Wirtschaft wächst: Mittlerweile trägt der Sektor ähnlich viel zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei wie der Finanzsektor. Schätzungen reichen von acht bis zehn Prozent des BIP.

Ein Schlaglicht auf die Risiken: Der Prozess in Bellinzona lenkt die Aufmerksamkeit auf die strukturellen Risiken der Rohstoffbranche. Sie gilt als besonders anfällig für Korruption, Geldwäscherei, Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden. Das hat mit den komplexen und weltumspannenden Lieferketten in der Branche zu tun: Viele Akteure in vielen Ländern mischen mit bei der Förderung von Öl, Kupfer oder Nickel. Zudem spielen sich die Geschäfte oft in Ländern mit schwachen oder korrupten Regierungen ab. Für Oliver Classen von Public Eye ein Grund mehr, sehr genau hinzuschauen: Die Unternehmen, aber auch die Sitzstaaten der Firmen wie die Schweiz, müssten strenge Regularien haben, um diese Risiken einzudämmen. «Der rechtliche Rahmen der Schweiz ist immer noch völlig ungenügend im Vergleich zu anderen Ländern», so Classen.

Rendez-vous, 29.11.2024, 12.30 Uhr

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