Volkswagen zieht sich aus seinem umstrittenen Engagement in der chinesischen Uiguren-Region Xinjiang zurück.
Das Werk in Urumqi, das mit dem chinesischen Staatskonzern Saic als Partner betrieben wird, ist verkauft worden.
Käufer ist das chinesische Staatsunternehmen SMVIC, das im Gebrauchtwagengeschäft tätig ist.
Der Standort Urumqi im Nordwesten Chinas war wegen Menschenrechtsverletzungen an Mitgliedern der Uiguren-Minderheit lange in der Kritik. Mit einer Untersuchung ging VW den Vorwürfen nach.
Neue VW-Produktionsoffensive in China ab 2026
Volkswagen hatte das Werk zusammen mit dem Autobauer Saic als Joint-Venture betrieben. Als Grund für den Verkauf wurden wirtschaftliche Gründe genannt, wie der Konzern mitteilte. Über die Zukunft des Werkes war monatelang verhandelt worden. Seit 2019 werden in Xinjiang keine Autos mehr gebaut.
Unternehmensführung ist Achillesferse von VW
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Aktionärsvertreter begrüssten die Entscheidung. «VW beendet damit die kontroversen Diskussionen», sagte Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Deka Investment. «Das ist ein längst überfälliger Schritt, der zeigt, dass Menschenrechte nicht verhandelbar sind», betonte Janne Werning von Union Investment. Schwäche bei der Unternehmensführung bliebe aber «die Achillesferse von VW».
Das an VW beteiligte Land Niedersachsen zeigte sich zufrieden mit der Entscheidung: «Die niedersächsische Landesregierung begrüsst die Veräusserung des Joint Venture Standorts in Urumqi und der Teststrecken in Turpan und Anting», sagte eine Sprecherin. Das Land Niedersachsen ist mit 20 Prozent der Stimmrechte an VW beteiligt. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und seine Stellvertreterin Julia Willie Hamburg (Grüne) sitzen im Aufsichtsrat.
Die Wolfsburger verlängerten zugleich ihren Kooperationsvertrag mit Saic um weitere zehn Jahre bis 2040. Zwischen dem Rückzug aus Xinjiang, der vor wenigen Tagen besiegelt worden sei, und der Vertragsverlängerung bestehe allerdings kein Zusammenhang, hiess es bei Volkswagen.
VW will in China eine neue Produktoffensive ab 2026 starten und bis Ende der Dekade mit Saic 18 neue Modelle der Kernmarke Volkswagen und von Audi auf den Markt bringen. Davon seien 15 exklusiv für den chinesischen Markt. Bis 2030 will der VW-Konzern jährlich vier Millionen Autos verkaufen und so in China auf einen Marktanteil von 15 Prozent kommen. Im vergangenen Jahr lag der Anteil nach VW-Angaben bei 14.5 Prozent.
Die Vorwürfe in Xinjiang
Volkswagen hatte das Werk in der Provinzhauptstadt Urumqi 2013 mit Saic eröffnet mit einer damals geplanten Vertragslaufzeit bis 2029. Laut VW hatte Saic die Kontrollmehrheit an dem Standort, an dem einst Fahrzeuge montiert wurden, um sie im Westen Chinas zu verkaufen. Doch das Vorhaben scheiterte – der Markt war schwächer als erwartet.
Prüfunternehmen fand keine Missstände
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VW hatte nach den Vorwürfen im Sommer 2023 ein Unternehmen beauftragt, die Arbeitsbedingungen in dem Werk mit Blick auf die Vorwürfe zu untersuchen. Im Dezember teilte die Prüfer mit, man habe keine Hinweise auf oder Belege für Zwangsarbeit bei den Mitarbeitenden finden können. Kritiker bemängelten, die Anonymität der befragten Mitarbeiter in der Untersuchung sei nicht ausreichend geschützt worden.
Im Februar erklärte Volkswagen schliesslich, mit Saic über die künftige Ausrichtung der Geschäftsaktivitäten in Xinjiang in Gesprächen zu sein. Doch der Rückzug aus der Provinz gestaltete sich schwierig, da auch Saic dem zustimmen musste.
Volkswagen gründete bereits in den 80er Jahren ein Joint Venture mit der Shanghai Automotive Industry Corporation (Saic). Dieses Joint Venture legte den Grundstein für Volkswagens Expansion in den chinesischen Markt. Später folgte die Gründung eines weiteren Joint Ventures mit der China First Automobile Works (FAW). Im Jahr 2017 gründete VW zudem ein Joint Venture mit der Anhui Jianghuai Automobile (JAC). Dieses Unternehmen konzentrierte sich auf die Entwicklung und Produktion von Elektrofahrzeugen. Zudem hat Volkswagen eine strategische Partnerschaft mit dem chinesischen Elektrofahrzeughersteller Xpeng geschlossen.
Stattdessen wurden in den vergangenen Jahren schwere Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen durch Zwangsarbeit in dem Werk laut. In Xinjiang leben viele Uiguren – eine muslimische Minderheit. Laut Menschenrechtlern hatten Hunderttausende von ihnen über Jahre Unterdrückung erfahren, wurden zur Arbeit gezwungen oder in Umerziehungslager gesteckt. China bestreitet die Vorwürfe.
38 VW-Fabriken in China
In der Region, aber auch anderen Teilen Chinas hatten unter anderem Extremisten über Jahre tödliche Terroranschläge verübt. Ab 2014 hatte Peking im rohstoffreichen Xinjiang schliesslich hart gegen muslimische Minderheiten durchgegriffen.
Lange Zeit mussten ausländische Autobauer in China ihre Fahrzeuge ausschliesslich über Gemeinschaftsunternehmen mit lokalen Partnern produzieren. Diese Regelung ermöglichte es, Zugang zum riesigen chinesischen Markt zu erhalten, führte jedoch auch zu Technologietransfers. In den vergangenen Jahren begann Peking, die Regelungen zu lockern, bis die Restriktionen 2022 schliesslich komplett aufgehoben wurden. Volkswagen hielt dennoch an seinen chinesischen Partnern fest. Insgesamt betreibt der VW-Konzern nun ohne Urumqi 38 Fabriken in der Volksrepublik.
Weitere Werke möglicherweise auf dem Prüfstand
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VW will über Xinjiang hinaus sein Produktionsnetz weiter anpassen, wie es hiess. Die Standorte sollen für den Fokus auf die Elektrifizierung umgebaut werden. Laut VW ist dies allerdings nicht für alle Werke möglich. In der Vergangenheit hatte es bereits Gerüchte gegeben, VW könnte sich von seinem Werk im ostchinesischen Nanjing trennen.
Zuletzt hatte sich deutlich gezeigt, dass VW in einer Krise steckt. In Deutschland sorgen sich die Beschäftigten vor Werksschliessungen oder Kündigungen. Auch in China hat sich die Lage sichtlicher verschlechtert. Das «Reich der Mitte» garantierte den Wolfsburgern über Jahrzehnte sprudelnde Gewinne.
Laut Experten versäumte der Konzern in China jedoch den Start der E-Mobilität, hatte hohe Kosten bei schwacher Auslastung. VW zog mit eigens für den chinesischen Markt gebauten Elektroautos nach, doch im erbitterten Preiskampf der chinesischen Konkurrenz fahren Marken wie BYD oder Li Auto bislang davon. 2025 wird laut Volkswagen deshalb noch schwierig. Ab 2026 soll der Trend dann wieder nach oben zeigen.
Der Käufer des Werkes in Urumqi sowie der beiden Teststrecken in Turpan und Anting mit seinen verblieben etwas mehr als 170 Mitarbeitern ist ein Staatsbetrieb aus Shanghai. Der neue Besitzer habe die Übernahme der verbliebenen Angestellten zugesichert, hiess es.
04:54
Video
Archiv: Die UNO berichtete bereits 2022 über Menschrechtsverletzungen in Xinjiang
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