Dass auf dem Schweizer Telekom-Markt kein Konkurrent der dominanten Swisscom richtig die Stirn bieten kann, wird kaum jemand ernsthaft bestreiten wollen. In der Vergangenheit gab es mehrere Versuche, dieser Vormachtstellung von Swisscom etwas entgegenzusetzen. Bislang scheiterten sie kläglich. Sei es, weil die Wettbewerbsbehörde ein Vorhaben bremste (beim geplanten Zusammenschluss von Orange und Sunrise) oder – wie zuletzt beim Fusionsversuch von Sunrise und UPC – ein Grossaktionär das Vorhaben nicht unterstützte.
Nun unternehmen Salt und Sunrise einen weiteren Anlauf. Und das Vorhaben sieht durchaus vielversprechend aus. Es könnte dem stockenden Ausbau des Glasfasernetzes in der Schweiz neuen Schub verleihen. Zuerst aber ein Blick zurück.
Viele verpasste Chancen
Wir schreiben das Jahr 2008 – der oberste Schweizer Telekom-Regulator, Marc Furrer, Präsident der Eidg. Kommunikationskommission, ruft zum Runden Tisch. Derselbe Marc Furrer, der nun das Joint-Venture von Salt und Sunrise präsidieren wird. Der runde Tisch ist der Versuch, Gelerntes und verpasste Chancen im Zuge der Liberalisierung nachzuholen. Mit dem Ziel, die Schweiz möglichst schnell mit Glasfaserleitungen zu erschliessen, ohne dass Swisscom auch auf dieser Technologie praktisch marktbeherrschend werden kann.
Neunmal treffen sich die Branchenvertreter am Runden Tisch. Man kann sich immerhin auf technische Standards einigen, die bis heute gut funktionieren. Die Belebung des Infrastruktur-Wettbewerbs und die Minderung der Marktdominanz blieben aber fromme Wünsche. Dass die Swisscom zusammen mit Elektrizitätswerken den Ausbau koordinieren muss, schien zwar am Anfang zu funktionieren. Doch nachdem der heutige Swisscom-Chef Urs Schaeppi ins Amt trat, wurde der weitere Ausbau bis in alle erdenklichen Schweizer Wohnungen gebremst und die bereits verlegten Kupferkabel weiter ausgereizt. Seither gibt es einen regionalen Flickenteppich.
Mehr Druck auf die Preise
Hier setzen nun Salt und Sunrise an. Sie wollen mit ihrem Joint-Venture Swiss Open Fiber in die Lücke springen. Eine Netzinfrastruktur in jene Regionen, Kleinstädte und Agglomerationen bringen, die bisher beim Ausbau mit Glasfaser das Nachsehen hatten. Denn die landläufige Meinung, dass die Mobilfunk-Technologie 5G eine Glasfaser-Alternative sein könnte, stimmt nur bedingt.
Einmal abgesehen von den Widerständen gegen den Aufbau der 5G-Infrastruktur gibt es auch technische Limitierungen. Leitungsgebundene Kommunikation ist weniger störungs- und sicherheitsanfällig und die Kapazitäten lassen sich dediziert zuteilen. Beim Mobilfunk ist Tempo und Kapazität viel mehr davon abhängig, wie viele Leute gerade über dieselbe Antenne verbunden sind. Für die Erschliessung von entlegeneren Gebieten kann das eine Alternative sein. Dort, wo dichter gelebt wird, kaum.
Kurzum: Nach über 20 Jahren Telekom-Liberalisierung soll jetzt ein Plan zur Umsetzung kommen, der diesen Markt in den kommenden Monaten und Jahren tatsächlich in Bewegung versetzen könnte. Mit entsprechendem Druck auf die Preise – die im Vergleich mit dem übrigen Europa immer noch hoch sind. Dass dem Vorhaben Erfolg zugetraut wird, zeigte sich heute auch an der Börse. Die Swisscom-Aktie verlor stärker als der Gesamtmarkt. Sunrise legte zu.