Die wirtschaftlichen Aussichten sind getrübt, praktisch weltweit. Die Furcht vor einem – mehr oder weniger heftigen – Abschwung geht um. Ausgelöst nicht zuletzt durch die stark gestiegenen Preise für Energie und andere Güter. In Grossbritannien warnt nun die Notenbank sogar offen vor einer Rezession. Was ist dran an diesen Rezessionssorgen?
Der britische Notenbankgouverneur, Andrew Bailey, räumte es diese Woche ein: Eine Rezession sei unvermeidlich. Die Notenbank müsse weiter beherzt die Leitzinsen erhöhen, um die Inflation zu bekämpfen. Ab Herbst werde die britische Wirtschaft schrumpfen.
Grossbritannien ist besonders gefährdet
Eine erstaunlich deutliche Warnung war das. Meist drücken sich Notenbankerinnen und Notenbanker vorsichtiger aus. Sie wissen, ihr Wort hat Gewicht. Bewusst die Angst vor einem Abschwung zu schüren – und damit auch steigende Arbeitslosigkeit, sinkende Firmengewinne und Einkommensverluste für die Bevölkerung vorherzusagen – das machen sie nur aus triftigem Grund.
In diesem Fall lautet die Botschaft: Die Inflation von derzeit über neun Prozent in Grossbritannien ist brandgefährlich. Die Preissteigerungen für Energie, Lebensmittel und andere Güter schwächen die Kaufkraft der Menschen. Das muss aufhören. Und darum erhöht die Bank of England kräftig die Zinsen. Das verteuert Kredite, bremst die Konjunktur und bändigt die Inflation, so der Plan.
Verglichen mit anderen Industrieländern wie den USA ist Grossbritannien in einer besonders schwierigen Lage: Die Wirtschaft ist eng vernetzt mit dem Ausland – beispielsweise über den Import von Industriegütern und Erdöl. Somit importiert das Land automatisch auch viel Inflation, weil global die Preise für Energie und viele andere Güter in die Höhe schnellen, hauptsächlich als Folge des Ukrainekriegs.
Schweiz im Glück
Die USA haben es besser: Dort erhöht die Notenbank zwar auch die Zinsen und riskiert damit zumindest eine Rezession. Aber die Konjunktur ist robust. Die jüngsten US-Arbeitsmarktdaten lassen kein Anzeichen für einen Abschwung erkennen. Die Arbeitslosigkeit ist gering, die Löhne steigen. Dass die US-Wirtschaft bereits zwei Quartale hintereinander rückläufig war, besagt nicht viel. Denn diese Abkühlung erfolgt auf hohem Niveau; das relativiert das Problem.
Und in Europa? Dort ist das Bild unklar: Die Europäische Zentralbank geht ebenfalls mit Zinserhöhungen gegen die Teuerung vor. Sie hofft aber, dass die Euro-Zone trotzdem von einer Rezession verschont bleibt.
Die Schweiz wiederum hat Glück: Ihr hilft der starke Franken. Er macht das Einkaufen im Ausland – namentlich die Importe aus der EU – relativ günstig. Dank dessen kommt auch weniger importierte Inflation ins Land. Die Nationalbank muss nicht so radikal wie die Bank of England gegensteuern, um einen inflationären Dauerbrand zu verhindern. Darum ist das Risiko eines heftigen Abschwungs hier kleiner.