Silvia Bayard wird als heimliche Modekönigin der Schweiz bezeichnet. Das sei ihr unangenehm, sagt sie im ECO Talk. Sie habe einen Knochenjob: als Geschäftsführerin des Modeunternehmens Bayard, das sie zusammen mit ihrem Ehemann Fredy zu einem Drittel besitzt.
Die Bayards fällten einen bewussten Entscheid: Sie verzichten seit 2020 komplett auf das Online-Geschäft. «Es hat einfach nie rentiert», sagt Fredy Bayard, der von Anfang an gegen Online gewesen sei.
Das Modehaus setzt anders als viele Konkurrenten voll auf den Verkauf in den Läden. Heute zählt die Bayard-Gruppe 88 Filialen. 2022 schrieb sie einen Umsatz von 155 Millionen Franken.
Chicorée-Gründer: Widerstand aufgegeben
Jörg Weber, Gründer des Schweizer Modeunternehmens Chicorée, sträubte sich lange gegen das Online-Geschäft. Die Modekette machte 2022 mit Fast-Fashion einen Umsatz von 184 Millionen Franken, mit 176 Filialen schweizweit.
Doch nun hat das Unternehmen seinen Widerstand aufgegeben. Chicorée-Geschäftsführer Thomas Ullmann hat das Online-Geschäft im Frühling 2022 in Form von eintägigen Flash-Sale-Events lanciert, bei denen jeweils sonntags online bestellt werden könne. Das Unternehmen will bis Anfangs des nächsten Jahres sein Online-Geschäft ausbauen.
Jörg Weber sagt gegenüber SRF, man müsse heute online präsent sein, es gehöre zum Gesamtangebot. «Es ist ein Marketing-Instrument. Ich kenne aber noch niemanden, der mit Online Geld verdient».
Online ist ein Marketing-Instrument. Ich kenne aber noch niemanden, der damit Geld verdient.
Das sieht PKZ offenbar anders – eine andere bekannte Grösse im Schweizer Modegeschäft. Das Unternehmen setzt auf Online, was sich ausbezahle. Der Umsatz mit dem eigenen Webshop sei im ersten Halbjahr 2023 um 15 Prozent gewachsen, gegenüber der Vorjahresperiode. Online mache 10 Prozent des Gesamtumsatzes aus, nämlich 19 Millionen Franken im Jahr 2022, wie im Branchenmagazin «Textilwirtschaft» zu lesen war.
Teure Online-Investitionen kannibalisieren die Läden
Marcel Stoffel, Detailhandelsberater und früherer Geschäftsführer des Glatt-Einkaufszentrums im zürcherischen Wallisellen, bestätigt das Bild des schwierigen Online-Geschäfts aus Gesprächen mit Firmenchefs. Die digitalen Kanäle gehörten im Modegeschäft zwar dazu, aber: «Man muss aufpassen, denn jeder Franken, den man für die Online-Logistik ausgibt und für alles, was es braucht, um das Online-Geschäft professionell führen zu können, fehlt dann im stationären Handel.»
Schweizer Modehäuser in Bedrängnis
Der Schweizer Modemarkt ist seit 2014 um ein Viertel geschrumpft – auf 7.6 Milliarden Franken. Im selben Zeitraum sind über 3000 Bekleidungsgeschäfte verschwunden, 230 alleine im vergangenen Jahr.
Schweizer Modehäusern weht ein rauer Wind entgegen. Das erlebte Thomas Herbert hautnah mit. Er war Chef der Modekette Schild, die nicht mehr existiert und später Geschäftsführer von Globus.
«Es gibt ganz wenige Chancen, überhaupt noch wachsen zu können in diesem Markt», sagte er vor zehn Jahren. Grund dafür waren ständig neue Bewerber aus dem Ausland und mehr Ladeflächen, bei stagnierenden Umsätzen im Gesamtmarkt.
Heute ist Herbert Verwaltungsratspräsident von Bayard. Er kaufte – zusammen mit dem Ehepaar Bayard – 31 Globus-Filialen. Er setzt mit Bayard nicht auf das Online-Geschäft.
Doch der raue Wind wird auch in den Läden nicht abnehmen. Silvia Bayard sagt im Eco Talk, den Umsatz im Geschäftsjahr 2023 steigern zu können, würde «eine Herausforderung».