- Das Vermögen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen.
- Dadurch sind tendenziell auch die Nationalbankgewinne gestiegen – auch wenn es zwischendrin immer wieder mal Milliardenverluste gab.
- Nun fordern Ökonomen, die Nationalbank solle deutlich mehr vom Gewinn an Bund und Kantone verteilen, statt das viele Geld für sich zu behalten.
- Die Nationalbank weist die Forderungen zurück.
«Vorsicht beim Ausschütten der Nationalbankgewinne!», warnte Nationalbank-Chef Thomas Jordan erst neulich wieder an der Generalversammlung der SNB.
Die Nationalbank behalte vorsichtshalber jeweils einen guten Teil ihres Gewinns zurück – als Reserve für schlechte Zeiten. Denn: «Auch kleine Bewegungen an den Finanz- und Devisenmärkten können das Jahresergebnis der Nationalbank stark in die eine oder andere Richtung bewegen», so Jordan.
Ich glaube, Jordan übertreibt.
Ökonom Yvan Lengwiler von der Universität Basel findet, Thomas Jordan sei zu vorsichtig. «Ich glaube, er übertreibt», meint Lengwiler. Die SNB müsse zwar schon vorsorgen. Aber übermässig viel auf die Seite zu legen, schade der Allgemeinheit. «Es ist volkswirtschaftlich teuer. Die Einnahmequelle der Gewinnausschüttung durch die SNB ist eine relativ effiziente Form, wie man Einnahmen für den Staat generieren kann.» Es sei einfach unvernünftig, das nicht zu nutzen, betont Lengwiler.
Die Einnahmequelle der Gewinnausschüttung durch die SNB ist eine relativ effiziente Form, wie man Einnahmen für den Staat generieren kann.
Zusammen mit zwei Berufskollegen schlägt der Wirtschaftsprofessor darum vor, viel mehr Gewinn auszuschütten.
120 Milliarden Franken für Bund und Kantone
Die Ökonomen schreiben in einem Aufsatz: Seit der Finanzkrise ab 2007 wären – theoretisch – 120 Milliarden Franken als Ausschüttung an Bund und Kantone drin gelegen. Das ist viermal so viel wie die rund 30 Milliarden, die die SNB in dieser Zeit tatsächlich an die öffentliche Hand ablieferte.
Die SNB erwidert in einer schriftlichen Stellungnahme, dass die Bildung von Rückstellungen beziehungsweise von Eigenkapital und somit die finanzielle Stabilität der Institution bei der Nationalbank Vorrang haben müsse gegenüber Ausschüttungen.
Die SNB ist in geldpolitischen Fragen unabhängig und muss das auch unbedingt bleiben
Die Auseinandersetzung über die Nationalbankgewinne geht also weiter. Die SNB-Kritiker um Ökonom Yvan Lengwiler befeuern sie mit ihrem Vorstoss.
Unabhängigkeit der Nationalbank wahren
Keinesfalls antasten wollen sie dabei die Unabhängigkeit der Nationalbank. «Die SNB ist in geldpolitischen Fragen unabhängig und muss das auch unbedingt bleiben», sagt Lengwiler. Was die öffentliche Hand mit dem Geld mache, sei eine komplett andere Frage.
Ob sie es beispielsweise für die AHV einsetze oder für den Schuldenabbau. «Es ist nicht so, dass Sie einen Franken, nur weil er von der SNB kommt, für Aufgabe X einsetzen und einen Franken, der, weil er durch die Steuern eingenommen wurde, für die Aufgabe Y einsetzen», so Lengwiler weiter. Diese beiden Dinge hätten nichts miteinander zu tun, sagt der Ökonom.
Wie die Ausschüttungen verwendet werden, das sei also Sache der Politik, nicht der Nationalbank.