- Die Schweizer Wirtschaft hat sich von der Coronakrise erholt, kämpft aber in verschiedenen Branchen mit einem Fachkräftemangel.
- Insbesondere in der IT-Branche sind laut einem vom Seco in Auftrag gegebenen Bericht die Rekrutierungsmöglichkeiten ausgeschöpft.
- Dies trotz hoher Löhne und Personenfreizügigkeit mit der EU.
Dem Bericht des «Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU» zufolge, den das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) publiziert hat, hat die Arbeitslosigkeit sowohl für die einheimischen als auch die ausländischen Erwerbspersonen das Vorkrisenniveau erstmals wieder erreicht und sogar unterschritten.
Fachkräftemangel in der IT spitzt sich zu
Damit hat sich das Problem des Fachkräftemangels laut dem Bericht in verschiedenen Wirtschaftszweigen wieder akzentuiert. Eine vertiefte Analyse widmete das Observatorium der IT-Branche. Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung habe die Anzahl Erwerbstätiger in diesem Bereich seit 2010 um 60 Prozent zugenommen.
Der Bedarf sei nach wie vor hoch, für Firmen werde es aber immer schwieriger, an geeignetes IT-Personal zu kommen. Das inländische Arbeitskräftepotenzial sei in diesem Bereich praktisch ausgeschöpft, so das Observatorium. Die Erwerbsbeteiligung lag demnach im Jahr 2021 bei 92.2 Prozent und die Arbeitslosenquote bei tiefen 1.6 Prozent.
Ohne Zuwanderung nicht zu bewältigen
Fast jede zweite Stelle im IT-Bereich sei deshalb mit ausländischen Fachkräften besetzt worden, heisst es weiter. Ohne Zuwanderung wäre das Wachstum demnach kaum zu bewältigen gewesen. Es gebe gar Hinweise darauf, dass trotz schon sehr hoher Löhne die Rekrutierungsmöglichkeiten im Rahmen der Personenfreizügigkeit inzwischen ausgeschöpft sei. Firmen hätten in den letzten Jahren deshalb vermehrt auf Arbeitskräfte aus Drittstaaten gesetzt.
Und das Problem könne sich sogar noch verschärfen: Da sich die Digitalisierung weiter fortsetze, bleibe auch der Bedarf nach Fachkräften hoch. Gleichzeitig steige auch im Ausland der Bedarf nach solchen Fachkräften, die Konkurrenzsituation könne sich zuspitzen.
Ausländer stärker von Corona tangiert
Zudem gelten IT-Fachleute als vergleichsweise mobil, viele liessen sich nicht dauerhaft in der Schweiz nieder. So schwierig es für Firmen auch sein mag, wenn sie bei der Rekrutierung von Fachkräften Mühe haben. Der Fachkräftemangel ist auch ein Indiz dafür, dass es der Schweizer Wirtschaft relativ gut geht. In der Tat kam das Observatorium zum Schluss, dass sich der Arbeitsmarkt gut von der Coronakrise erholt hat.
Zu Beginn sei die Arbeitslosenquote von Ausländerinnen und Ausländern deutlich stärker gestiegen als jene der Schweizerinnen und Schweizer. Zudem hätten sich Ausländer auch häufiger aus dem Arbeitsmarkt zwischenzeitlich zurückgezogen. Das Observatorium erklärte die Differenz mit der unterschiedlichen Betroffenheit der Branchen.
Namentlich im von der Krise stark tangierten Gastgewerbe seien überdurchschnittlich viele Ausländer beschäftigt. Schweizer seien im Gegenzug im Bereich Erziehung und Unterricht, in der öffentlichen Verwaltung sowie im Gesundheits- und Sozialwesen beschäftigt – in Branchen also, die gegenüber der Covid-19-Krise robust waren.