Während der Corona-Pandemie haben die Uhrenhersteller zwar teilweise massive Umsatzeinbussen erlitten. Viele Marken haben sich jedoch schneller erholt als erwartet und schreiben gar Rekordumsätze. So nahmen die Exporte der Schweizer Uhren bis im September im Vergleich zu vor der Pandemie um 1 Prozent, in China gar um über 60 Prozent zu.
Gefragt sind besonders die teuren Uhren – wie jene der Bieler Uhrenmarke Armin Strom, die bis zu 380'000 Franken kosten. Trotz solch stolzer Preise kämen sie mit der Produktion kaum nach, sagt Armin Strom-Mitgründer Claude Greisler.
Gewisse Modelle sind ausverkauft. Wir haben Wartelisten.
«Dieses Jahr ist eines der stärksten überhaupt. Gewisse Modelle sind ausverkauft, wir haben Wartelisten. Wir sind selbst positiv überrascht.» Um die Produktion vorsichtig zu steigern, hat die kleine Uhrenmanufaktur nun zwei neue Mitarbeitende eingestellt.
Mit ein Grund für das Wachstum ist, dass der Occasion-Markt boomt: «Grössere Marken erreichen auf dem Second-Hand-Markt einen deutlich höheren Preis, als sie sonst gehandelt werden.» Weil das zu teuer werde, würden viele Sammler zu kleineren Marken wechseln, meint Greisler.
Tatsächlich sprechen viele in der Branche von einem Trend bei Luxusuhren aus zweiter Hand. Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte gab fast jeder dritte Konsument oder Konsumentin an, in den nächsten zwölf Monaten einen Kauf tätigen zu wollen.
Neue Kundschaft
«Dieser Markt gab es lange nicht, er steigt nun aber auf und hat Erfolg», sagt Jean-Daniel Pasche, Präsident des Verbands der Schweizer Uhrenindustrie. Das Interesse würde stark steigen: «Es zeigt, dass die Uhr ein langes Leben hat.» Damit könne die Luxusindustrie auch neue Kunden generieren. «Viele kaufen sich erst einmal eine Occasion und danach eine neue.» Sie würden so in das Luxussegment eintreten und allenfalls zur Sammlerin werden.
Aber nicht alle Marken wollen oder können in diesen Markt einsteigen. Armin Strom beispielsweise habe zu wenig Stück dazu. Die mehreren hundert Uhren, die jedes Jahr die Manufaktur verlassen, würden bei der Kundschaft bleiben, sagt Claude Greisler. «Der Occasion-Markt wird aber sehr wichtig, weil sich viele darüber informieren.»
Deshalb würden sie genau beobachten, ob gebrauchte Uhren von Armin Strom auf Wiederverkaufsplattformen auftauchten. Wenn, dann versuchten sie, die Uhren zu revidieren und zertifizieren, damit die Qualität stimme. Sonst ist dies schlechte Werbung für die Luxusuhrenmarke.
Die Uhrenfirma Doxa kauft deshalb viele ihrer Uhren, die auf dem Occasion-Markt auftauchen, gleich selbst. «Wir versuchen vor allem an die älteren Stücke selbst heranzukommen», sagt Firmenchef Jan Edöcs. Einerseits will Doxa damit verhindern, dass nicht revidierte Uhren verkauft werden. Andererseits kann die Firma damit Geld machen: «Das sind oft Sammlerstücke. Wir haben zum Teil auch sehr limitierte Kollektionen. Diese Uhren werden künftig mehr Wert erhalten.»
Gewisse Marken würden seit Jahren die Preise ihrer Uhren auf Auktionen in die Höhe treiben, sagt Philip Klingenberg, Chef der Nidauer Uhrenmarken Century und Auguste Reymond: «Grundsätzlich ergibt das Sinn. Es ist schade um ein Produkt, wenn es nicht mehr getragen wird.»
Selbst hätten sie aber nie aktiv auf dem Markt mitgespielt. Auch ihre Produktion sei zu klein dafür und: «Ich persönlich habe Mühe, eine Uhr zu tragen, die jemand anderes bereits getragen hat», so Klingenberg. Sein Hauptinteresse liege darin, neue Uhren zu verkaufen.