Sich in ein Flugzeug setzen, in eine Metropole auf einem anderen Kontinent fliegen und dort in einer Privatunterkunft Ferien machen – plötzlich ist das schwierig geworden.
Die Coronapandemie hat das Geschäftsmodell von Airbnb praktisch von einem Tag auf den anderen in Frage gestellt.
Das Unternehmen musste vom Erfolgs- in den Überlebensmodus wechseln. Und mit ihm jene, die auf das Geschäftsmodell gesetzt hatten.
Patrik Berisha bietet in Luzern 40 Wohnungen auf Airbnb an. Er hat sie eigens dafür angemietet und zum Grossteil Gruppen aus Asien beherbergt. Dann kam Corona.
«Wir hatten einen Buchungseinbruch im März von 95 Prozent. Im April war er noch bei 90 Prozent», berichtet Patrik Berisha, «wir laufen nicht profitabel im Moment, überhaupt nicht.»
Der Unternehmer hat Kurzarbeit beantragt und muss dennoch die Hälfte seiner 16 Angestellten entlassen. Zudem will er sich von der Hälfte der Wohnungen trennen.
Airbnb rechnet mit 50 Prozent weniger Umsatz
Weltweit sind die Buchungen von Airbnb stark zurückgegangen. Das Unternehmen rechnet dieses Jahr mit einem Umsatzeinbruch von mindestens 50 Prozent.
Gründer Brian Chesky hat seinen Angestellten Anfang Mai mitgeteilt, dass er jeden Vierten entlassen müsse. Das entspricht 1900 Stellen. Gleichzeitig hat sich Airbnb vier Wochen zuvor in einer Finanzierungsrunde 2 Milliarden US-Dollar zusätzliches Kapital beschafft, um die Liquidität sicherzustellen.
Dabei sollte das ein Erfolgsjahr werden, inklusive Börsengang. Mit 31 Milliarden US-Dollar wurde Airbnb bei einer Finanzierungsrunde 2017 bewertet. Inzwischen hat sich der Unternehmenswert fast halbiert.
Als Plattform hat Airbnb zwei Kundentypen: seine buchenden Gäste und seine anbietenden Hosts. Was sich im Erfolgsfall gegenseitig verstärkt, ist im Krisenfall umso verheerender: Brechen die Kunden weg, steigen auch die Vermieter aus. Das erklärt Ökonom Michael Funk.
Der Digital-Spezialist des Beratungsunternehmens Swiss Economics hat analysiert, wie Airbnb in der Krise versucht hat, diese beiden Kundentypen bei Laune zu halten. «Airbnb hat so reagiert, wie es im Textbuch steht», sagt er.
Zuerst hätten sie auf die Seite der Gäste geschaut, «ihr wichtigstes Kapital». Sie haben ihre Stornierungsbedingungen gelockert und alle Buchungen, die in die ersten Wochen der Coronapandemie fielen, gratis aufgelöst.
Die Konsequenz: «Das hat natürlich die Vermieter nicht unbedingt glücklich gemacht. Das heisst, als Zweites mussten sie auf diese Seite schauen und haben dort Geld zur Verfügung gestellt, um zumindest einen Teil zu übernehmen.»
Viel zu wenig, findet Patrik Berisha. Das Geld sei ein Tropfen auf den heissen Stein und mache bei ihm höchstens 10 Prozent seiner Ausfälle aus.
Er hat ein anderes Verständnis von Unterstützung: «Wir sind Geschäftspartner, und als Geschäftspartner sollte man auch die Krise gemeinsam überstehen können und nicht einfach entscheiden, wie es einem gerade in den Kragen passt.»
Die Zahlen vom Mai zeigen wieder leicht nach oben. Das Walliser Tourismusobservatorium nennt «ECO» einen Anstieg von 6 Prozent gegenüber April. Im Vorjahresvergleich sind es aber noch immer knapp 10 Prozent weniger Buchungen.
Airbnb muss sich verändern. Die nächsten Monate werden beantworten, ob es den neuen Reisebedürfnissen gerecht werden kann.