Wenn in einem amerikanischen Hafen Container von einem Schiff abgeladen werden, dann geschieht dies meistens mithilfe eines Krans aus China. 80 Prozent der Krane in den US-Häfen hat der chinesische Staatskonzern ZPMC geliefert. In diesen Kranen steckt auch Software und Automations-Technologie von ABB. Deswegen gerät ABB nun zwischen die Fronten der USA und Chinas.
Der Grund: Ein Bericht des Wall Street Journal, wonach die Chinesen in die Krane nachträglich eine Spionage-Software einbauen würden, eine sogenannte Backdoor. So könnten sie herausfinden, was wann woher wohin geliefert werde. Genau solche Spionage-Software habe das FBI in Kranen im Hafen von Baltimore gefunden, heisst es in dem Bericht. Möglicherweise könnten die Chinesen die Krane sogar aus der Ferne sabotieren oder blockieren, so das Wall Street Journal weiter.
Software wird in alle Welt verkauft
Nun will die Politik Klarheit. Der Chef des USA-Geschäfts von ABB, Michael Grey, muss vor einer Kommission des US-Repräsentantenhauses Auskunft über die Software-Lieferungen geben und überhaupt über die Geschäftsbeziehungen mit dem chinesischen Staatskonzern ZPMC. Bis am Dienstag solle Grey bekannt geben, wann er antreten könne, schrieb der Vorsitzende der Parlamentskommission für innere Sicherheit, der Republikaner Mark Green, in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief an den Konzern.
ABB teilt auf Anfrage mit, man liefere in der Tat standardisierte Software und Automations-Komponenten an Kranhersteller in aller Welt, nicht nur in China. Für den Kauf und den Betrieb dieser Krane seien dann aber die Hafenbehörden in den jeweiligen Ländern zuständig, betont ABB.
Spagat zwischen China und Amerika
Auch wenn es keinen direkten Vorwurf gibt, ABB sei an Spionage gegen die USA mitbeteiligt, so ist die Situation dennoch heikel. Zum einen, weil der Konzern seit einigen Jahren verstärkt auf das Geschäft mit Software und Industrieautomation setzt. Da sind Negativschlagzeilen Gift fürs Geschäft.
Zum andern aber: China und die USA sind die wichtigsten Exportmärkte für ABB. Die handelspolitischen Spannungen zwischen den beiden Wirtschafts-Grossmächten machen es aber immer schwieriger, mit beiden Seiten Geschäfte abzuschliessen. Am Freitag sank der Kurs der ABB-Aktie an der Zürcher Börse denn auch um 3.6 Prozent.