Der Industriekonzern ABB ist im Umbruch. Nun vermeldet ABB für das vergangene Jahr einen halb so hohen Gewinn im Vergleich zum Vorjahr, er liegt noch bei 2.5 Milliarden Dollar. Der Rückgang beim Gewinn hat vor allem damit zu tun, dass der Konzern im Vorjahr durch den Verkauf eines Geschäftes zusätzliche Einnahmen verbuchen konnte. Ohne diesen Effekt wäre der Gewinn nicht so stark geschrumpft.
Auffallend bei ABB ist, dass der Konzern in der jüngeren Zeit gleich mehrere Geschäfte abgestossen hat. Um die Entwicklung zu verstehen, muss man etwas zurückblenden. Die letzten 15 Jahre lassen sich in zwei unterschiedliche Phasen einteilen. In den Jahren von 2008 bis 2017 ging der Konzern auf der ganzen Welt auf Einkaufstour. In diesen Jahren kaufte ABB Firmen im Wert von mehr als 11 Milliarden Dollar.
Vor allem in den USA expandierte der Schweizer Industriekonzern nach dem Motto «je grösser, desto besser». Nach all den milliardenschweren Übernahmen vor 2018 hat sich gezeigt, dass ABB schwerfälliger geworden war. Kaum überblickbar, verzettelt in etliche unterschiedliche Geschäfte. An der Börse stagnierte der Aktienkurs, und so kam es zum grossen Umdenken, zu einer Kehrtwende.
Strategiewechsel vor fünf Jahren
Statt Grösse war nun plötzlich eher eine kleinere und fokussiertere ABB gefragt. Dieser Strategiewechsel begann vor fünf Jahren und so gab ABB 2018 den Verkauf des Geschäfts mit den Stromleitungen an eine Firma aus Japan bekannt. In der Schweiz wurde der Verkauf kritisiert, weil dieser Bereich hierzulande in der Forschung und Entwicklung stark verankert ist. Die Abspaltung weckte Ängste, dass sich das Geschäft aus der Schweiz nach Japan verlagern könnte.
Im vergangenen Jahr hat ABB auch das Geschäft mit den Turboladern abgespalten. Auch dieses ist in der Schweiz stark mit einer Fabrik in Baden mit 800 Angestellten verankert. Turbolader werden unter anderem bei Schiffsmotoren eingebaut, damit diese leistungsfähiger werden und weniger Treibstoff brauchen.
Aktienkurs gestiegen
Nun steht, wie bereits bekannt, ein weiteres Geschäft vor der Abspaltung, nämlich die Ladestationen für Elektrofahrzeuge. Ein Börsengang ist geplant. Für die Investorinnen und Anleger hat sich die Fokussierung von ABB ausbezahlt. Der Aktienkurs von ABB ist in den vergangenen vier Jahren um 100 Prozent gestiegen – der Wert der Aktie hat sich verdoppelt. Der Schrumpfungsprozess ist weitgehend abgeschlossen. ABB will künftig nur noch ganz gezielt Geschäfte abstossen, also einzelne Produktkategorien.
Bei ABB verbleiben somit die Geschäfte mit den Robotern, Automatisierung der Industrieantriebe, Motoren sowie elektrische Komponenten. Bei dem Konzern arbeiten immer noch mehr als 100'000 Personen. ABB hat zwar im vergangenen Jahr weniger Gewinn gemacht, allerdings nur vorübergehend, denn durch die Fokussierung ist das Unternehmen profitabler geworden. Die Margen sind gestiegen und die Auftragsbücher sind voll.