Im belgischen Hinterland reiht sich Feld an Feld, dazwischen stehen Windräder. Den Strom, den diese produzieren, gehört der Axpo. Die Axpo verkauft diesen Strom ab Januar einer Kunststofffabrik in Belgien, und zwar gleich für die nächsten neun Jahre. Das ist ein typisches Beispiel für einen langfristigen Stromliefervertrag.
Der Schweizer Energiekonzern hat in Europa inzwischen hunderte solcher Verträge abgeschlossen und ist damit europaweit mit an der Spitze. «Die Axpo hat vor über zehn Jahren eine Pionierrolle eingenommen und in den nordischen Ländern begonnen, solche Verträge abzuschliessen», sagt Axpo-Chef Christoph Brand.
Absicherung des Stromanbieters
Heute sei das Standard. «Das Geschäft wächst sehr stark in Europa, aber auch in den USA», so Brand. Und so haben inzwischen auch andere Energiekonzerne wie BKW und Alpiq begonnen, im Ausland solche Verträge abzuschliessen, wenn auch erst sachte.
Grundsätzlich sind solche Verträge für beide Seiten ein vorteilhaftes Geschäft. Auf der einen Seite für die Stromproduzenten, die einen neuen Windpark oder eine neue Solaranlage bauen, wie Rolf Wüstenhagen, Professor für Erneuerbare Energien an der Universität St. Gallen, sagt.
Es gebe ein Bedürfnis bei den Projektentwicklern, langfristig Klarheit zu haben über ihre Erträge. «Wenn ich eine Solaranlage oder ein Windkraftwerk baue, dann möchte ich gerne abgesichert sein, damit ich weiss, wie viel Erträge ich generieren kann, und da helfen solche langfristigen Lieferverträge.»
Planungssicherheit auf Käuferseite
Auf der anderen Seite haben die Strombezüger Planungssicherheit. Im aktuellen Fall weiss die Kunststofffabrik, mit welchen Stromkosten sie in den nächsten neun Jahren rechnen muss. Und zwar unabhängig davon, ob die Preise sinken, wie in der Vergangenheit, oder ob sie steigen, wie derzeit.
Kommt hinzu, dass eine Firma ihren CO2-Fussabdruck verkleinern kann, wenn der Strom aus erneuerbaren Quellen kommt. Etwas, das sich laut Wüstenhagen gut verkaufen lässt. «Man weiss, man steht unter Druck von Investoren, etwas dazu beizutragen, Klimarisiken abzusichern. Dafür sind solche Stromlieferverträge eine einfache Lösung.» Man könne sich so über zehn, fünfzehn Jahre mit erneuerbarem Strom versorgen.
Ob der Stromliefervertrag auch finanziell ein vorteilhaftes Geschäft ist, zeige sich allerdings erst am Ende, wenn der Vertrag ausläuft, erklärt Wüstenhagen. «Bei Preissteigerungen werden die Käufer sagen, gut, wir haben unser Risiko vorausschauend abgesichert. Die Verkäufer dagegen werden sich vielleicht ärgern, dass sie nicht höhere Preise durchsetzen konnten.»
Bilanz am Ende der Laufzeit
Auch wenn solche Verträge der Absicherung dienen: Eine Vollkaskoversicherung sind sie nicht. Es bleibt ein gewisses Risiko für die Bezüger, aber vor allem für die Stromlieferanten wie die Axpo mit ihren zahlreichen Verträgen. Hunderte weitere sollen hinzukommen.
Auf diese Risiken angesprochen, sagt Brand: «Das ist sehr komplex. Man braucht dazu ein ganz herausragendes Risikomanagement. Aber ich glaube, wir haben, wenn wir die letzten zehn Jahre ansehen, konstant entsprechend bewiesen, dass wir das im Griff haben.»
In der Tat hat die Axpo bisher keine grossen Verluste mit solchen Verträgen gemacht. Allerdings läuft ein Grossteil der Verträge noch Jahre oder gar Jahrzehnte weiter. Es wird sich also erst noch zeigen, ob sich das Standbein im Ausland für Schweizer Stromkonzerne lohnt, oder ob es in einem verlustreichen Abenteuer endet.