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Streit um KI-Technologie Schweizer Unternehmen im neusten Handelsstreit USA-China

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China spitzt sich zu. Die neusten Kontrollen und Verbote zielen auf Mikrochips und Maschinen im Bereich der Künstlichen Intelligenz. Schweizer Unternehmen werden nervös.

    Was ist passiert? In der Schweiz gibt es rund 150 Unternehmen, die zur weltweiten Halbleiter-Branche gehören. Sie sind verunsichert, denn innerhalb von nur zwei Tagen spitzte sich der Handelskonflikt zwischen den USA und China zu. Am Montag verschärften die USA die Exportbeschränkungen für KI-Chips nach China. Chinas Retourkutsche kam nur einen Tag später, am Dienstag. China verbot den Export von Rohstoffen wie Gallium und Germanium in die USA. Das sind kritische Rohstoffe, die es für Chips im Bereich der Künstlichen Intelligenz und für die Rüstungsindustrie braucht.

Worüber streiten die USA und China genau?

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  • Was möchten die USA? Dass chinesische Unternehmen nicht mehr an Maschinen herankommen, mit denen sie die neusten Hochleistungschips herstellen können, die es im Bereich der Künstlichen Intelligenz und in der Rüstungsindustrie braucht.
  • Wie reagiert China? China hinkt den USA zwar tatsächlich technologisch hinterher, kann dafür die Rohstoffe Gallium und Germanium billig herstellen. Gallium und Germanium braucht es, um Mikrochips herzustellen. Momentan werden über 80 Prozent des weltweit benötigten Galliums und Germaniums in China produziert. China hat seinen Unternehmen nun verboten, diese Rohstoffe in die USA zu exportieren.
  • Haben sich die USA verkalkuliert, gefährden sie die eigene KI-Chipproduktion? Nein, ganz so schlimm ist die Retourkutsche Chinas für die USA nicht. Es gibt Alternativen, wie die Ökonomin und Rohstoffexpertin Cornelia Meyer erklärt: «In Japan und Korea etwa gibt es auch Unternehmen, die Gallium und Germanium raffinieren können, es wird für die USA einfach teurer». Für die USA wird es teurer, die Rohstoffe aus anderen Ländern zu beziehen, aber abgeschnitten von der Technologie sind sie dadurch nicht.

Wieso werden Schweizer Unternehmen nervös? Weil sie zumindest indirekt vom Handelskonflikt betroffen sind. «Die Mehrheit unserer Mitgliedsfirmen im Bereich der Halbleiter-Industrie hat einen Exportanteil zwischen 80 und 100 Prozent», sagt Adriaan Spierings, Bereichsleiter Halbleiter-Industrie bei Swissmem. Je nachdem, wo sich die Schweizer Unternehmen in der Wertschöpfungskette befinden, sind sie anders betroffen.

Rund 150 Schweizer Unternehmen gehören zur Halbleiter-Industrie

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In der Schweiz gibt es rund 150 Unternehmen, die zur Halbleiter-Industrie gehören, zur Chip-Branche. Laut Swissmem, dem Verband der Tech-Industrie, stellen die meisten davon nicht selber Halbleiter-Chips her, sondern sind Technologielieferanten. Die grössten Schweizer Unternehmen im Bereich der Halbleiter-Technologie sind Comet aus dem Kanton Freiburg, Inficon aus Bad Ragaz und VAT aus St. Gallen. Die Schweizer Halbleiter-Unternehmen beliefern weltweit andere Unternehmen mit Sensoren, Vakuumventilen, Röntgen- und Messtechnik.

Was heisst das für Schweizer Unternehmen, die direkt nach China verkaufen? Sie müssen wegen der neuen Regeln aufpassen. Zwar zielen die Exportbeschränkungen der USA immer noch vor allem auf amerikanische Unternehmen. Doch neu haben die USA das Lieferverbot ausgeweitet, auch auf ausländische Unternehmen, sofern dort US-Technologien zum Einsatz kommen. Schweizer Branchenvertreter, die nicht mit Namen genannt werden wollen, bestätigen, dass Schweizer Unternehmen momentan ihre Lieferungen nach China gründlich überprüfen. Die Frage ist, ob Komponenten aus der Schweiz auch US-amerikanische Technik drin haben und inwiefern die neue Exportbeschränkung im jeweiligen Fall greift.

Können Schweizer Unternehmen, die nicht in China tätig sind, aufatmen? Nein. Es sind auch Unternehmen verunsichert, die gar nicht im chinesischen Markt tätig sind, selbst dann, wenn sie nichts mit den Hochleistungsmikrochips zu tun haben, um die es im Handelsstreit geht. Das Unternehmen Espros zum Beispiel stellt Chips für die optische Bildverarbeitung her. Dank der Technologie von Espros können Füllstände von Silos oder Düngemittel überwacht werden und selbstfahrende Roboter können Distanzen einschätzen.

Techniker in Reinraumkleidung arbeitet an Wafer.
Legende: Ein Mitarbeiter von Espros muss bei der Produktion von Mikrochips höchste Hygienestandards einhalten. Keystone/ Christian Beutler

Espros verkauft diese Technologie nicht nach China, ist dementsprechend nicht direkt von den neusten Handelsbeschränkungen betroffen, befürchtet aber indirekte Effekte.

Ich befürchte, dass chinesische Unternehmen für uns in der Schweiz zu Konkurrenten heranwachsen – weil China von den USA gezwungen wird, innovativ zu sein.
Autor: Achim Ott Geschäftsführer von Espros

Wieso hat Chinas Reaktion auch Auswirkungen auf unbeteiligte Schweizer Unternehmen? Weil China auf andere Technologien ausweichen muss, wenn es die Chips der neusten Generation nicht selber herstellen kann. So erklärt es Achim Ott, Chef von Espros. China stelle sich breit auf. Das hat dann auch Auswirkungen auf Bereiche ausserhalb der KI und der Hochleistungschips. Zum Beispiel auf Märkte, in denen die Chips von Espros aus der Schweiz zum Einsatz kommen. Chinesische Unternehmen könnten dank staatlichen Subventionen den Weltmarkt überschwemmen. «Ich befürchte, dass chinesische Unternehmen für uns in der Schweiz zu Konkurrenten heranwachsen – weil China von den USA gezwungen wird, innovativ zu sein», sagt Achim Ott. Diese Befürchtung ist nicht unbegründet. Adriaan Spierings von Swissmem bestätigt, dass chinesische Unternehmen schon längst begonnen hätten, solche Alternativtechnologien zu entwickeln.

SRF4 News, 4.12.2024, 08:40 Uhr;stal

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