Was ist passiert? In der Schweiz gibt es rund 150 Unternehmen, die zur weltweiten Halbleiter-Branche gehören. Sie sind verunsichert, denn innerhalb von nur zwei Tagen spitzte sich der Handelskonflikt zwischen den USA und China zu. Am Montag verschärften die USA die Exportbeschränkungen für KI-Chips nach China. Chinas Retourkutsche kam nur einen Tag später, am Dienstag. China verbot den Export von Rohstoffen wie Gallium und Germanium in die USA. Das sind kritische Rohstoffe, die es für Chips im Bereich der Künstlichen Intelligenz und für die Rüstungsindustrie braucht.
Wieso werden Schweizer Unternehmen nervös? Weil sie zumindest indirekt vom Handelskonflikt betroffen sind. «Die Mehrheit unserer Mitgliedsfirmen im Bereich der Halbleiter-Industrie hat einen Exportanteil zwischen 80 und 100 Prozent», sagt Adriaan Spierings, Bereichsleiter Halbleiter-Industrie bei Swissmem. Je nachdem, wo sich die Schweizer Unternehmen in der Wertschöpfungskette befinden, sind sie anders betroffen.
Was heisst das für Schweizer Unternehmen, die direkt nach China verkaufen? Sie müssen wegen der neuen Regeln aufpassen. Zwar zielen die Exportbeschränkungen der USA immer noch vor allem auf amerikanische Unternehmen. Doch neu haben die USA das Lieferverbot ausgeweitet, auch auf ausländische Unternehmen, sofern dort US-Technologien zum Einsatz kommen. Schweizer Branchenvertreter, die nicht mit Namen genannt werden wollen, bestätigen, dass Schweizer Unternehmen momentan ihre Lieferungen nach China gründlich überprüfen. Die Frage ist, ob Komponenten aus der Schweiz auch US-amerikanische Technik drin haben und inwiefern die neue Exportbeschränkung im jeweiligen Fall greift.
Können Schweizer Unternehmen, die nicht in China tätig sind, aufatmen? Nein. Es sind auch Unternehmen verunsichert, die gar nicht im chinesischen Markt tätig sind, selbst dann, wenn sie nichts mit den Hochleistungsmikrochips zu tun haben, um die es im Handelsstreit geht. Das Unternehmen Espros zum Beispiel stellt Chips für die optische Bildverarbeitung her. Dank der Technologie von Espros können Füllstände von Silos oder Düngemittel überwacht werden und selbstfahrende Roboter können Distanzen einschätzen.
Espros verkauft diese Technologie nicht nach China, ist dementsprechend nicht direkt von den neusten Handelsbeschränkungen betroffen, befürchtet aber indirekte Effekte.
Ich befürchte, dass chinesische Unternehmen für uns in der Schweiz zu Konkurrenten heranwachsen – weil China von den USA gezwungen wird, innovativ zu sein.
Wieso hat Chinas Reaktion auch Auswirkungen auf unbeteiligte Schweizer Unternehmen? Weil China auf andere Technologien ausweichen muss, wenn es die Chips der neusten Generation nicht selber herstellen kann. So erklärt es Achim Ott, Chef von Espros. China stelle sich breit auf. Das hat dann auch Auswirkungen auf Bereiche ausserhalb der KI und der Hochleistungschips. Zum Beispiel auf Märkte, in denen die Chips von Espros aus der Schweiz zum Einsatz kommen. Chinesische Unternehmen könnten dank staatlichen Subventionen den Weltmarkt überschwemmen. «Ich befürchte, dass chinesische Unternehmen für uns in der Schweiz zu Konkurrenten heranwachsen – weil China von den USA gezwungen wird, innovativ zu sein», sagt Achim Ott. Diese Befürchtung ist nicht unbegründet. Adriaan Spierings von Swissmem bestätigt, dass chinesische Unternehmen schon längst begonnen hätten, solche Alternativtechnologien zu entwickeln.