Warum die Menschen mehr gespart haben: Die Leute sind im Corona-Lockdown zwangsweise zu Hause geblieben. Ins Büro durften sie meistens nicht. Restaurants und Bars waren geschlossen, das Reisen war stark erschwert. Der Tourismus, die Gastronomie und andere Branchen mussten mit Stützungsmassnahmen über Wasser gehalten werden.
Die neue Normalität bestimmte ab 2020 monatelang unser Leben. Weil es zeitweise fast unmöglich war, weiter zu konsumieren wie zuvor, haben die Menschen mehr gespart, und zwar massiv: Ein zweistelliger Milliardenbetrag sammelte sich schweizweit auf den privaten Bankkonten an bis Mitte 2022. Konkret: Auf 30 bis 40 Milliarden Franken schätzt eine Analyse der Schweizerischen Nationalbank (SNB) den zusätzlichen Sparbetrag. Das entspricht rund fünf Prozent der gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung der Schweiz.
Was mit dem Geld passiert ist: Die SNB sammelt ganz viele Daten zum Sparen, zum Vermögen und zur allgemeinen Wirtschaftsentwicklung. Und die Analyse dieser Daten führt zur Erkenntnis, dass die Privathaushalte in der Schweiz nach Corona viel Geld auf der hohen Kante behielten, statt das Geld auszugeben für Konsum, Reisen und dergleichen. Zwar gab es besonders in den Monaten nach dem ersten Lockdown 2020 sehr wohl einen sogenannten Nachholkonsum, kaum waren die Läden und die Landesgrenzen wieder offen. Trotzdem blieb ein beträchtlicher Teil des «Corona-Sparbatzens» auf der Bank. Und zwar floss das Geld gemäss den SNB-Daten grossenteils in Finanzanlagen, also beispielsweise in Aktien und Obligationen.
Analyse der SNB
Warum wir nicht alles wieder ausgegeben haben: Wenn wir das Geld nicht einfach auf dem Lohn-Konto lassen, sondern es investieren, etwa an der Börse, oder es in die zweite und dritte Säule der Altersvorsorge einzahlen, dann ist dieses Geld nicht mehr so leicht verfügbar. Gemäss den Daten der SNB ist genau diese Umschichtung passiert. Dadurch steigerten – zumindest die vermögenderen Haushalte – langfristig ihr Erspartes. Dabei sind eindrückliche Summen zusammengekommen: Zusätzlich zum allgemeinen Vermögensanstieg, den es auch ohne Pandemie gegeben hätte, schwoll das Finanzvermögen der Schweizer Haushalte um weitere 75 Milliarden Franken an, schätzt die Autorin der SNB-Studie.
Nicht alle Länder sind gleich: Ähnliche Beobachtungen zum Sparverhalten während Corona gibt es aus anderen Ländern, wie in der Studie der SNB zu lesen ist. Nicht nur in der Schweiz, auch im umliegenden Ausland und in den USA schraubten die Leute ihren Konsum zurück und sparten dafür mehr Geld. Doch besonders in den USA änderte sich das Bild nach dem Lockdown: Statt das Geld für längere Zeit zu investieren, gaben die Leute in den USA am Ende typischerweise ihr Erspartes wieder aus für Konsum. Entsprechend stark boomte die amerikanische Wirtschaft. In der Schweiz aber machte das Sparverhalten die Bevölkerung – übers Ganze gesehen – langfristig reicher.
Nicht alle Leute sind gleich: Die Daten sagen nichts zur Verteilung des Zusatzvermögens. Es ist anzunehmen, dass einkommensschwache Haushalte – notgedrungen – wohl das Meiste wieder ausgegeben haben. Vorausgesetzt, sie konnten während Corona überhaupt etwas Geld auf die Seite legen. Zugespitzt und unabhängig von der neuen SNB-Studie lässt sich sagen: Wenn Corona zu mehr Vermögen geführt hat, dann bei jenen, die schon vor der Pandemie relativ viel Geld hatten.