Das Bundesgericht hat entschieden: Die Schweizer Steuerbehörden dürfen Kundendaten der UBS zu über 40'000 Konten an Frankreich herausgeben. Beim Entscheid musste das Bundesgericht zwischen zwei Interessen abwägen: Jenen der internationalen Zusammenarbeit auf der einen Seite und jenen des Schutzes des Schweizer Finanzplatzes – sowie gewisser rechtsstaatlicher Regeln – auf der anderen Seite.
Einerseits hat die Schweiz die Standards der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) zu respektieren und damit auch die Regeln der internationalen Gemeinschaft, die Steuerbetrug und Steuerhinterziehung bekämpfen will. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) bekannte sich in diesem Verfahren zur Amtshilfe: Sie hiess das Gesuch aus Frankreich gut. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht im Juli vor einem Jahr die Steuerverwaltung zurückgepfiffen hatte, ging die Behörde vor Bundesgericht.
Andererseits müssen auch die Rechtsstaatlichkeit und die Verhältnismässigkeit bei Amtshilfegesuchen stets gewahrt werden. Lange wurden Anfragen aus dem Ausland mit Verweis auf das Bankgeheimnis abgewiesen. Dieses Bankgeheimnis kam aber in den Nullerjahren nach und nach unter Druck.
Schleusen für künftige Amtshilfegesuche geöffnet
Dennoch, bis heute gilt der Grundsatz: Ein Konto in der Schweiz zu haben, reicht nicht für einen ausreichenden Verdacht auf ein Steuerdelikt. Die ausländischen Staaten müssen ihre Gesuche näher begründen und weitere Verdachtsmomente liefern. Und: Wenn ausländische Steuerbehörden unspezifische Massenersuchen lancieren, dann gilt dies als unerlaubter Fischzug. Die Schweiz lehnt dann die Amtshilfe ans Ausland ab.
Mit dem heutigen Entscheid jedoch gewichten die Bundesrichter das Prinzip der Amtshilfe als wichtiger. Sie öffnen damit die Schleusen für künftige Amtshilfegesuche, die auf ähnlichen Listen wie denen der Franzosen basieren.
Für den Schweizer Finanzplatz hat zwar die Zeit des automatischen Informationsaustausches begonnen und das Bankgeheimnis ist Geschichte – zumindest gegenüber dem Ausland.
Das Urteil hat aber schwere Folgen für die Bewältigung der Altlasten bei den Banken. Denn auch die Steuerbehörden anderer Staaten könnten in Versuchung geraten, dem französischen Beispiel zu folgen.
Keine Niederlage auf ganzer Linie für die UBS
Die UBS hat aber nicht auf ganzer Linie verloren. Immerhin machte das Bundesgericht klar: Frankreich darf die Daten aus dem Amtshilfeverfahren nicht im laufenden Gerichtsverfahren gegen die Grossbank verwenden. Das war die Befürchtung der Bank, die im Februar in Paris zu einer Rekordbusse von 3.7 Milliarden Euro verurteilt wurde. Die UBS wurde der Geldwäscherei und der Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig gesprochen.
Nun gilt für den zweiten Prozess um diese Rekordbusse: Frankreich darf die Daten nicht vor Gericht gegen die UBS verwenden. Erlaubt ist mit diesen Daten einzig die Jagd auf Steuersünder. Das hat das Bundesgericht heute unmissverständlich klargestellt.