Das Wichtigste in Kürze
- Der Schweizer Franken schwächt sich seit Wochen gegenüber dem Euro ab.
- Der Wechselkurs liegt bei 1.18 Franken pro Euro – und damit nur knapp unter dem früheren Mindestkurs der Schweizerischen Nationalbank.
- Da die Wirtschaft in der EU sich grösstenteils von der Eurokrise erholt hat, legt der Euro weiter zu.
- Die US-Sanktionen gegen Russland könnten den Franken-Kurs drücken, weil russische Investoren vermehrt Geld aus der Schweiz abziehen.
In Krisenzeiten läuft er zu Höchstformen auf: der Schweizer Franken. Herrscht Unsicherheit auf den internationalen Märkten, suchen internationale Anleger Zuflucht im sicheren Hafen des Frankens und investieren in die Währung. Trotz Syrien-Konflikt, dem Handelskrieg zwischen den USA und China und der diplomatischen Krise um Russland verliert der Schweizer Franken aber seit Wochen an Wert gegenüber dem Euro.
Nun steht der Euro kurz davor, die Marke von 1.20 Franken pro Euro zu durchbrechen. Bei diesem Wert setzte die Schweizerische Nationalbank 2011 den Mindestkurs zum Euro fest. Als sie die Untergrenze im Januar 2015 überraschend aufhob, war die Exportwirtschaft ausser sich: Der Franken war nun zu stark, Schweizer Produkte zu kaufen wurde zu teuer. Nun scheint es, als sei der «Frankenschock» ausgesessen. Ein Euro kostet heute rund 1.18 Franken.
Der Hauptgrund für die Abschwächung des Frankens ist die brummende Konjunktur in der EU. Arbeitslosenraten sinken, die Wachstumsprognosen sind rosig. Auch in der Schweiz stehen die Zeichen zurzeit zwar gut, doch nach der Eurokrise gibt es viel Aufhol-Potenzial für die Länder der EU. Läuft die Wirtschaft dort gut, steigt auch das Vertrauen in den Euro und er legt gegenüber dem Franken wieder an Wert zu.
Meist profitiert der Franken von diplomatischen Krisen. Die neuen Sanktionen der USA gegen Russland bilden aber eine Ausnahme. Der Grund: Von den Sanktionen sind Oligarchen betroffen, die Teile ihrer Gelder in der Schweiz verwalten. Bekanntestes Beispiel ist Viktor Vekselberg, Milliardär und Grossaktionär mehrerer Schweizer Industrieunternehmen, unter anderem von Sulzer und Schmolz + Bickenbach.
Vekselberg lief Gefahr, dass Schweizer Banken seine Konten einfrieren. Deshalb zog er Geld aus der Schweiz ab und brachte es nach Russland – mit möglichen Konsequenzen für den Wechselkurs, meint ZKB-Chefanalyst Claude Zehnder: «Vekselberg hat Schweizer Franken verkauft, weil er sein Geld in Rubel gewechselt hat. Das könnte einer der Gründe sein, weshalb der Schweizer Franken in den letzten Tagen noch etwas geschwächt wurde.»
Der steigende Wechselkurs kommt der Industrie zugute, die nun wieder zu leicht höheren Preisen ihre Waren exportieren kann. Auch der Tourismus profitiert von einem schwächeren Franken: Für Besucher aus der EU werden Reisen in der Schweiz wieder günstiger. Verlierer sind die Einkaufstouristen, denn im grenznahen Ausland sind die Waren nun im Vergleich wieder teurer.
Der Euro könnte in den nächsten Wochen weiter zulegen. Uneinig sind sich Analysten, wann der Kurs die symbolisch wichtige Grenze von 1.20 knackt.