Die Wirtschaft wird im Jahr 2020 viermal stärker einbrechen als vor fünf Wochen prognostiziert: Minus 6.7 Prozent. Fast 50'000 weitere Leute werden noch dieses Jahr ihre Stelle verlieren und arbeitslos. Die Aussichten des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) sind trüb, sehr trüb.
Gleichzeitig ist die Verlässlichkeit der Vorhersage – leider – gewachsen. Die Hoffnung, dass alles nur halb so schlimm kommt, schwindet. Denn fünf Wochen aussergewöhnlicher Lage in der Schweiz haben den Prognostikern erste Daten geliefert, die nun in ihre Berechnungsmodelle einfliessen konnten. Erste Effekte des Lockdowns können inzwischen gemessen werden – und nicht bloss geschätzt.
Krise des Konsums
Das Seco prognostiziert, dass die privaten Haushalte dieses Jahr 31 Milliarden Franken weniger ausgeben als letztes Jahr. Pro Kopf sind das fast 4'000 Franken. Weil auch Unternehmen nicht mehr investieren und die Exporte lahmen, soll das Gesamt-Minus für die Schweizer Wirtschaft 50 Milliarden betragen. Eine vollständige Erholung auf das Niveau vor der Coronakrise ist – selbst bis Ende 2021 – für das Seco nicht in Sicht.
Dennoch bleibt die aktuelle Wirtschaftskrise enorm unberechenbar. Als Krise des Konsums hat sie der Berner Wirtschaftsprofessor Aymo Brunetti diese Woche charakterisiert. Für einmal sind es nicht Konsumentinnen und Konsumenten, die die Wirtschaft stützen – wie es noch in der Finanzkrise war. Aktuell konsumieren sie weniger, weil sie nicht dürfen oder können. Oder, weil schlicht das Angebot fehlt.
Virus und Politik entscheidend
Ob der Konsum im Sommer wieder anziehen kann und es dann wenigstens einen Teil der üblichen Angebote gibt, hängt zum einen davon ab, wie gut sich die Verbreitung des Virus unter Kontrolle behalten lässt. Zum andern wird entscheidend sein, dass die Politik und die Behörden innert weniger Tage und Wochen klären können, wie es bei günstigem Verlauf der Pandemie wirtschaftlich weitergehen kann.
Bundesrat Berset zeichnete am Mittwoch die Vision für den Sommer vom Draussensitzen auf der Aussichtsterrasse und dabei etwas konsumieren können. Damit Bersets Vision Realität werden kann, ist die anhaltende Disziplin der Bevölkerung bei der Eindämmung des Virus entscheidend.
Zudem benötigt der Berg-Restaurateur Grundlagen und genügend Vorlaufzeit – um Waren zu bestellen, Personal zu finden und zu schulen. Er muss kalkulieren können, ob sich das Öffnen bei einer verkürzten Saison überhaupt lohnt. Muss abschätzen können, wie viele Tische und Stühle er aufgrund der geltenden Gesundheitsregeln platzieren kann.
Für einmal kann gerade auch das Seco selbst beeinflussen, ob die Vorhersagen seiner eigenen Prognostiker sich in vollem Ausmass bewahrheiten werden. Die Wirtschaftsakteure dürften sich nach baldigen Entscheidungen sehnen.