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UBS-Generalversammlung Die heikle Macht der Berater

US-Stimmrechtsberater werden in der Schweiz immer mächtiger. Doch von einer Regulierung will die Politik nichts wissen.

Eigentlich kennt man Stimmrechtsberater wie ISS – Institutional Shareholder Services – und Glass Lewis in der Schweiz erst so richtig seit der Abzocker-Initiative. Doch sie waren zwar schon vor 2015 in der Schweiz aktiv.

Weil viel Kapital aus den USA in der Schweiz investiert sei, hätten viele ausländische Anleger schon immer auf die Empfehlungen der beiden Firmen geschaut, sagt Wirtschaftsrechtsprofessor Peter V. Kunz von der Uni Bern.

Immer mächtigere US-Beraterunternehmen

Seit wegen der Abzocker-Initiative das Aktienrecht angepasst wurde, müssen auch die grossen Pensionskassen in der Schweiz an den Generalversammlungen mehr Verantwortung übernehmen.

Weil sie selbst aber nicht jede Firma, von der sie Aktien im Portefeullie besitzen, bis ins Detail kennen, sind sie auf Hilfe von Aussen angewiesen. Deshalb vertrauen heute 90 Prozent der Schweizer Pensionskassen und 70 Prozent der Vermögensverwalter laut einer Studie auf die Dienste von Firmen wie ISS und Glass Lewis.

Wegen deren Empfehlungen wurden tatsächlich schon Vergütungsberichte abgelehnt oder die Décharge verweigert. Prominentester Fall ist die UBS. So wurde der ehemaligen Führung unter Marcel Ospel für 2007 wegen Milliardenverlusten in den USA die Entlastung nicht gewährt. Dasselbe passierte nun für das Geschäftsjahr 2018.

Absolutes Gebot der Unabhängigkeit

ISS und Glass Lewis sind eigentlich ziemlich junge Firmen. ISS wurde 1985 gegründet, ihre Konkurrentin erst 2003. Es war dies eine Zeit, als das Gefühl vieler Aktionäre wuchs, dass sich die Firmen mehr um ihr eigenes Wohl – wie steigende Cheflöhne – kümmerten, als um Dividenden und Aktienkurse. Um gesellschaftliche Anliegen wie Frauenanteil in der Geschäftsleitung oder Nachhaltigkeit ging es damals noch kaum.

Symbolbild: UBS-Logo an der Wand, davor Personensilhouetten.
Legende: Stimmrechtsberater haben einen immer grösseren Einfluss auf die Aktionäre – doch die Berater ihrerseits stehen unter keiner Kontrolle. Reuters

Weil sich die oft internationalen Grossinvestoren kein genaues Bild über jede einzelne Firma machen konnten, kamen ihnen die Dienstleistungen von Firmen wie ISS und Glass Lewis gelegen. Diese analysieren für ihre Kunden jedes einzelne Traktandum einer Generalversammlung genau und sagen dann, wie sie stimmen würden, wenn ihnen selbst die Aktien an den Firmen gehören würden. Dabei müssen sie ähnlich unabhängig sein wie zum Beispiel Revisionsgesellschaften.

Peter V. Kunz: Bessere Kontrolle nötig

Beide Firmen schauen sich mittlerweile weltweit Zehntausende Aktiengesellschaften an. Wie viel Geld die Berater damit verdienen, ist unklar, denn sie geben keine Zahlen bekannt. Ihr Erfolg ist jedoch so gross, dass die US-Börsenaufsicht sie schon mehrmals untersucht hat. Immer wieder wird deshalb der Vorwurf laut, dass die Berater zu viel Einfluss hätten, sogar bei der Besetzung von Chefposten. Ausserdem beraten sie mittlerweile nicht nur die Investoren, sondern auch die Aktiengesellschaften selbst.

Weil es zu Interessenkonflikten kommen könnte, sei es höchste Zeit, auch in der Schweiz die Kontrolle der grossen Stimmrechtsberater zu verbessern, meint Kunz. «Auch bei den Revisionsstellen hab man aus Gründen der Unabhängigkeit gewisse Tätigkeitsverbote eingeführt», so der Wirtschaftsrechtler.

Dies wäre umso dringlicher, zumal sowohl ISS als auch Glass Lewis ihre Geschäftstätigkeiten in der Schweiz weiter ausbauen. Allerdings hat der Nationalrat in der aktuellen Aktienrechtsrevision den Vorschlag zu einer schärferen Kontrolle der Stimmrechtsberater erst einmal abgelehnt.

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