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Überbewerteter Franken Nicht alle Branchen leiden gleich stark

Der Franken ist gegenüber dem Euro immer noch zu stark, sagt der CS-Monitor. Trotzdem halte sich der Standort Schweiz gut.

Wenn Ökonomen wissen wollen, wie stark eine Währung ist, dann schauen sie nicht auf den Wechselkurs, sondern auf den sogenannten fairen Wert. Dieser ist gegeben, wenn man mit einem Euro gleich viel kaufen kann, wie mit einem Franken. Aktuell wäre das der Fall, wenn der Euro-Frankenkurs bei 1.24 läge.

Allerdings nehme dieser faire Wert über die Zeit ab, sagt CS-Konjunkturexperte Claude Maurer. Denn die Preise im Euroraum steigen rascher als in der Schweiz. In etwa fünf Jahren dürfte der jetzige Euro-Frankenkurs demnach dem fairen Verhältnis entsprechen. Dann wäre die Überbewertung also weg.

Problemlos für Pharma und Uhren

Die Schweizer Wirtschaft passe sich an den starken Franken an, so Maurer. Allerdings: «Die Anpassung verläuft je nach Branche unterschiedlich stark.»

So haben sich etwa die Pharma- und die Uhrenindustrie schon stark angepasst. Das liegt daran, dass es bei Medikamenten und Uhren einfacher ist, den Nachteil des starken Frankens zu kompensieren. Das geschieht über höhere Verkaufspreise im Ausland. Bei Medikamenten gibt es oftmals keine Alternativen und bei wohlhabenden Leuten, die eine Luxusuhr kaufen, spielt der Preis eine untergeordnete Rolle.

Vielen Industrieunternehmen fehlt die Marge

Für die Industrieunternehmen sei die Lage aber schwieriger, gibt Stefan Brupbacher, Direktor des Branchenverbands Swissmem, zu bedenken. Zwar gebe es durchaus einzelne Firmen, die in ihren Nischen Weltmarktführer seien und deshalb ebenfalls höhere Preise durchsetzen könnten. Doch diese Firmen stünden einem enormen Technologieschub gegenüber. «Sie müssten jedes Jahr neue Produkte entwickeln und auf den Markt bringen, damit sie die Technologieführerschaft erhalten können.»

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Doch die Entwicklung neuer Produkte ist teuer, deshalb sind die Unternehmen auf eine gute Marge angewiesen. Das heisst, dass vom Verkaufspreis eines Produkts unter dem Strich genug Gewinn übrigbleiben muss. Doch genau diese Marge sei für viele Industriefirmen das Problem, sagt Brupbacher. «37 Prozent unserer Unternehmen haben schon jetzt eine negative oder schlechte Marge». Und ohne Marge könne nicht in neue Produkte investiert werden.

Dieser Problematik ist sich auch die CS bewusst. Gerade Unternehmen, die sich nicht in einer Nische profilieren könnten, müssten Stellen abbauen oder Teile der Produktion ins günstigere Ausland auslagern, sollte sich der Franken weiter aufwerten. Mit Blick auf die Vergangenheit wäre eine solche Entwicklung für die Industrie insgesamt allerdings verkraftbar, sagt CS-Konjunkturexperte Maurer.

Exportindustrie trotz starkem Franken

«Der Schweizer Franken ist die stärkste Währung der Welt – trotzdem haben wir eine tolle Exportindustrie», betont er. Das zeige, dass der Wechselkurs für einen Hightech- und Wissensstandort wie die Schweiz nicht unbedingt das wichtigste Argument sei. Viel wichtiger sei die Nachfrage nach den Schweizer Produkten im Ausland.

Tatsächlich gibt diese langfristige Sicht Anlass zur Zuversicht. Würde der Franken aber innert kurzer Zeit stark aufwerten – etwa wenn der Handelsstreit zwischen China und den USA eskaliert oder wenn es zu einem ungeordneten Brexit kommt – dann würde es für die Exportindustrie zweifellos ungemütlich. In diesem Punkt sind sich die Ökonomen der Credit Suisse und der Branchenverband Swissmem einig.

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