Der Hinweis auf den «Leitfaden für Homeoffice» ist nicht zu übersehen: Er steht prominent, unter einem pinkfarbenen Balken, auf der Internetseite des Arbeitgeberverbandes.
Betreffend Homeoffice werde der Verband seinen Mitgliedsfirmen eine klare Empfehlung abgeben, sagt Geschäftsleitungsmitglied Fredy Greuter: «Wir werden uns bemühen, wo immer möglich Homeoffice zu empfehlen und das Arbeitnehmern und Arbeitgebern ans Herz legen.»
Mit dem Leitfaden, den Greuter als unverbindliche Checkliste bezeichnet, wolle der Verband den Unternehmen bei der Umsetzung helfen. «Diese Checkliste steckt den Rahmen zuhanden der Arbeitgeber ab, die Homeoffice einführen wollen.»
Die «Checkliste» des Arbeitgeberverbands
Es sei eine gesetzeskonforme Empfehlung, so Greuter weiter. «Sie enthält verschiedenste Absprachen zu Arbeitszeiten, Pausen, Gesundheit am Arbeitsplatz etc.» Der Leitfaden sei auf Initiative der Verbandsmitglieder in der Romandie entstanden. «Wir haben diese Checkliste übernommen und stellen sie als Muster unseren Mitgliedsverbänden zur Verfügung.»
Doch die Mustervorlage hat es in sich. Unter Artikel 5 findet sich unter anderem die Bestimmung, dass Arbeitnehmende die Kosten für Homeoffice und das dazu notwendige Mobiliar selbst übernehmen sollen. Das gelte insbesondere auch für elektronische Geräte. Ausserdem müsse der Arbeitnehmer sicherstellen, dass er oder sie über eine ausreichende Internetverbindung – in Klammern: Highspeed – verfügt.
Täuscht der Eindruck, dass die Arbeitgeber die Kosten für das Homeoffice damit pauschal auf die Arbeitnehmenden abwälzen wollen? So könne man das nicht sehen, sagt Arbeitgebervertreter Greuter. «Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Arbeitgeber einen Arbeitsplatz für sein Personal einrichten muss. Tut er das am Ort des Arbeitsplatzes, hat er seine Pflicht erfüllt. Alles, was darüber hinausgeht, ist freiwillig.»
Für einen zweiten Arbeitsplatz zu Hause zahle der Arbeitgeber darum grundsätzlich nicht. Im Einzelfall könne man aber sicher auf freiwilliger Basis darüber verhandeln.
Arbeitsrechtler interveniert
So einfach sei das nicht, sagt dazu der St. Galler Arbeitsrechtsexperte Thomas Geiser. «So wie es hier vorliegt, ist es meines Erachtens nicht rechtskonform – denn dieser Leitfaden ist ein Vertrag.» Ein Vertrag, weil darin klar festgehalten sei, dass beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – dem Leitfaden zustimmen müssten.
Mit der Unterschrift werde der Arbeitnehmer zudem verpflichtet, zu Hause zu arbeiten. «Wenn ein Arbeitnehmer verpflichtet ist, zu Hause zu arbeiten, ist die Arbeitgeberin verpflichtet, die dadurch entstandenen Kosten zu übernehmen.» Das habe im Übrigen das Bundesgericht eindeutig entschieden.
Man versucht offensichtlich etwas zu kaschieren, indem man eine Vereinbarung – also einen Vertrag – als Leitfaden benennt.
Streiten könne man allenfalls darüber, wie viele Kosten der Arbeitgeber übernommen müsse, sagt Geiser. Der «Leitfaden» des Arbeitgeberverbandes sei daher nicht rechtskonform, folgert Geiser. Der Begriff «Leitfaden» sei insofern missverständlich. «Man versucht offensichtlich etwas zu kaschieren, indem man eine Vereinbarung – also einen Vertrag – als Leitfaden benennt.»
Für die Arbeitgeber steht einiges auf dem Spiel. Auch wenn die Kosten für einen Drucker oder eine schnelle Internetleitung im Einzelfall moderat sein dürften – unter dem Strich könnte eine hohe Zusatzbelastung auf sie zukommen. Vielleicht müssen am Ende die Gerichte entscheiden, wer die Rechnung zahlt.