Aus dem globalen Aktienhandel will die Deutsche Bank ganz aussteigen. Das Geschäft mit Anleihen fährt sie deutlich zurück. Eine deutlich kleinere Investmentbank sei ein richtiges Ziel, meint Marc Chesnay, Bankenprofessor an der Universität Zürich und langjähriger Kritiker des Investmentbankings: «Diese Aktivitäten sind oft undurchsichtig und zu komplex. Sie erzeugen Systemrisiken für die ganze Wirtschaft.»
Ganz ohne Investmentbanking werde es aber nicht gehen, sagt Hans-Peter Burghof, Bankenprofessor an der Universität Hohenheim in Deutschland: «Deutschland ist ein grosses Land mit vielen grossen Unternehmen. Sie brauchen Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten und Zahlungsverkehrsleistungen.»
Wir haben versucht, die amerikanischen Investmentbanken nachzuäffen. Das geht aber nicht. In der Schweiz und in Deutschland haben wir eine andere Kultur.
Es gebe für die Deutsche Bank also noch einiges zu tun, so der deutsche Bankenprofessor: «Sie muss ich aber wirklich darauf konzentrieren und für die Kunden attraktiv sein in diesem Geschäft.»
Neu heisst der Teil der Bank «Unternehmerbank». Da mache die Deutsche Bank nur noch das, was die Kunden wünschen und nicht Dinge, die vor allem für die Bank selbst lukrativ gewesen seien, erklärt Burghof. Ähnliche Schritte haben vor der Deutschen Bank in den letzten Jahren auch die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse unternommen.
Das Geschäft dümpelte – trotz hohen Risiken – vor sich hin, die Investoren und die Aufsicht machten Druck. Für Burghof ist entscheidend: «Wir haben versucht, die amerikanischen Investmentbanken nachzuäffen. Das geht aber nicht. In der Schweiz und in Deutschland haben wir eine andere Kultur.»
In der Schweiz und Deutschland erwarteten die Unternehmen von den Banken eine langfristige, vertrauensvolle Partnerschaft, erklärt Burghof. Die US-Unternehmen seien hingegen einen härteren Umgang mit den Banken gewohnt und wüssten, wie sie ihr Portemonnaie festhalten müssen, wenn die Bank auch in die eigene Tasche wirtschaften will.
US-Banken könnten in Bresche springen
Jetzt verliert Europa also einen weiteren grossen Anbieter von Investmentbanking. Die US-Konkurrenten springen wohl gerne in die Lücke, vermutet der deutsche Bankenprofessor: «Ich fürchte, dass US-Konkurrenten dann relativ alleine im Markt sind und bestimmte Dinge dominieren.»
Wer springt, kann auch fallen. Europa und weltweit brauchen wir stabilere, nachhaltigere Grossbanken, die weniger Risiken eingehen.
Für die europäischen Banken bedeute das, dass sie bei sehr grossen Finanzierungen Probleme haben könnten, prognostiziert Burghof – und nennt Beispiele: «Etwa bei Unternehmenskäufen, wo man viele Milliarden braucht, oder auch bei sehr grossen Anleihen- und Aktienemissionen.» Dort seien Nachteile für den europäischen Markt möglich, so der Bankenprofessor.
Trotzdem hätten die europäischen Banken keine andere Wahl. Sie müssten das hoch riskante, immer schlechter akzeptierte Investmentbanking reduzieren, ist Burghof überzeugt.
Wer springt, kann fallen
Marc Chesnay von der Universität Zürich glaubt nicht, dass das ein Nachteil ist für Europa: «Wer springt, kann auch fallen. Europa und weltweit brauchen wir stabilere, nachhaltigere Grossbanken, die weniger Risiken eingehen.» Wenn die anderen mehr Risiken eingehen möchten, müsse man abwarten, was dann passieren werde.
Klar scheint: In anderen Bereichen – zum Beispiel in der weniger risikobehafteten Vermögensverwaltung – haben Deutsche Bank aber auch Credit Suisse und UBS nach wie vor gute Perspektiven.