Die Credit Suisse (CS) ist unter scharfer Beobachtung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) und im Fokus der amerikanischen Justiz: Gleich in zwei verschiedenen Fällen wird die Schweizer Grossbank gerügt und muss ihre Kontrollmechanismen anpassen. In einem Fall muss sie gar eine millionteure Busse zahlen. Wirtschaftsexperte Peter V. Kunz mit einer Einordnung.
SRF News: Credit Suisse muss Massnahmen ergreifen und in einem Fall auch eine Busse bezahlen. Es handelt sich um zwei komplett verschiedene Fälle, welcher ist gravierender für die Grossbank?
Peter V. Kunz: Das grössere Problem für die Credit Suisse ist sicher der Fall Mosambik. Die Leute interessieren sich zwar eher für den Beschattungsfall, der spannender ist, weil man die Beteiligten kennt. Das ist ein wenig wie ein Krimi. Juristisch aber und von der Bedeutung ist es relativ eine Nebensache, auch wenn die Finma dazu sehr ausführlich war.
Es sind verschiedene Haftungsklagen in Grossbritannien und in den USA hängig. Das ist ein echtes Problem für die CS.
Hingegen beim zweiten Fall Mosambik, das ist eine teure Geschichte für die CS. Nicht nur wegen der Busse von einer halben Milliarde Dollar, sondern weil die Bank auch noch auf 200 Millionen Dollar bei Rückzahlungen aus Mosambik verzichten muss. Bis jetzt sind das 750 Millionen Dollar Kosten für die CS. Und man muss sich bewusst sein, dass dieser Fall noch fünf bis zehn Jahre weitergehen wird. Es sind verschiedene Haftungsklagen in Grossbritannien und in den USA hängig. Das ist ein echtes Problem für die CS.
Es ist auch nicht die erste Busse für die CS. Ganze 13 Milliarden Franken hat die Grossbank in den vergangenen zehn Jahren für Bussen bezahlen müssen. Was sagen denn Kunden und Aktionäre dazu?
Vermutlich stören sich viele daran, die ein Bankkonto bei der CS haben – aber das ist nicht das Problem für die CS. Wenn einige Kunden ihr Konto kündigen, ist das kein ernsthaftes Problem für die Bank. Aber es gibt grössere Kunden wie beispielsweise in den USA Pensionskassen, die darauf angewiesen sind, dass sie mit einer Bank arbeiten, die einen guten Ruf, ein gutes «Standing» hat. Dort könnten sie ein Problem bekommen.
Bis jetzt hat die Bank zwar ihre Grossinvestoren auf ihrer Seite, aber es ist eine Frage der Zeit, bis von dort mehr Druck kommt.
Aber ganz bestimmt ein Problem hat die CS, weil bei solchen Verfahren der Aktienkurs immer stärker unter Druck gerät. Die Aktionäre werden sich darüber aufregen, dass der Börsenkurs der CS-Aktien immer mehr zurückgeht. Auch heute, nach der Bekanntgabe der Finma, ist der Aktienkurs wieder gesunken. Bis jetzt hat die Bank zwar ihre Grossinvestoren auf ihrer Seite, aber es ist eine Frage der Zeit, bis von dort mehr Druck kommt.
Es ist auch nicht das erste Urteil gegen die CS und trotzdem gibt es immer wieder Verfahren gegen die Bank. Man hat den Eindruck, dies zeige keine Wirkung.
Man hat sich tatsächlich ein wenig daran gewöhnt, in den Medien, beim Publikum – aber erstaunlicherweise bei der Finanzmarktaufsicht nicht. Die Finma hat die Schraube bei der CS gegenüber früher erheblich angezogen. Die schlimmste Sanktion der Finma – rein theoretisch – wäre eine Auflösung oder Liquidation einer Bank. Das wird sie aber nie machen in der Schweiz.
Die Finma zeigt damit eindeutig, dass sie unglücklich ist mit der Entwicklung bei der CS.
Normalerweise, wenn es zu einem Fehler kommt, heisst es bei der Finma, die Bank hat ein Einsehen und hat Massnahmen ergriffen, wir sind zufrieden damit – fertig, erledigt. Jetzt aber hat sie in beiden Fällen erheblich eingegriffen und Auflagen gemacht. Die Finma zeigt damit eindeutig, dass sie unglücklich ist mit der Entwicklung bei der CS. Ich glaube, man sieht auch, dass sie sich offen gesagt «aufregt», weil sie schlecht orientiert worden ist.
Das Gespräch führte Franziska Egli.