Die Credit Suisse hat im ersten Quartal 2022 erneut einen Verlust geschrieben. Dennoch gibt sich CEO Thomas Gottstein kämpferisch: Er rechnet unter dem Strich mit schwarzen Zahlen Ende Jahr.
SRF News: 2021 schrieb die CS einen Verlust. Nun war auch das erste Quartal 2022 wieder schlecht. Warum?
Thomas Gottstein: Wir konnten alte Rechtsstreitigkeiten zum Abschluss bringen. Das hat uns 700 Millionen gekostet. Dadurch liegt unser Vorsteuer-Verlust bei rund 400 Millionen, adjustiert wären es sonst 300 Millionen Gewinn.
Wann wird der Befreiungsschlag kommen?
2022 ist ein Transitionsjahr im Hinblick auf unsere dreijährige strategische Planung. Wir haben klare Ziele definiert für 2024, unter anderem eine Eigenkapitalrendite von 10 Prozent. 2022 wird in Bezug auf Gewinn ein moderates Jahr sein. Aber wir erwarten immer noch einen Gewinn für dieses Jahr.
Wie läuft denn das Geschäft? Spürt man eine Zurückhaltung bei den Kunden, weil die Bank im letzten Jahr einen Verlust gemacht hat?
Die Nachrichten der letzten 18 Monate bedeuteten nicht immer nur Rückenwind für uns. Aber was doch positiv ist: Wir hatten neue Gelder in allen vier Regionen im ersten Quartal und das ist eine grosse Verbesserung gegenüber dem vierten Quartal.
Wir hatten neue Gelder in allen vier Regionen im ersten Quartal und das ist eine grosse Verbesserung.
Was wir natürlich immer noch sehen: Wir haben die Bilanz in den letzten zwölf Monaten um zwischen 10 und 20 Prozent gekürzt, je nach Bereich. Und das hat Einfluss auf gewisse Erträge, insbesondere das Zinsengeschäft.
Das heisst, aufgrund des vielleicht weniger risikoreichen Geschäfts, das Sie in Zukunft machen werden, werden die Erträge weniger hoch sein, als sie mal waren?
Wir sind zurückgefahren und diese Auswirkungen sehen wir jetzt im ersten Quartal. Aber die Maschine kommt langsam wieder zum Laufen und wir erwarten ganz klar, dass auch das Kreditvolumen global gesehen über die nächsten drei Quartale wieder ansteigen wird. Und deshalb gehen wir davon aus, dass es eine Umkehr geben wird.
Sie haben enorme Rechtsstreitigkeiten und holen nun Markus Diethelm,den ehemaligen Chefjuristen der UBS. Wollen Sie diese Rechtsstreitigkeiten möglichst schnell vom Tisch haben?
Es geht nicht um eine Veränderung der Rechtsstreitigkeiten-Politik. Wir möchten unsere Streitigkeiten stärker proaktiv angehen. Und das haben wir auch in den letzten anderthalb Jahren durchgezogen.
Beim Einstellen von Markus Diethelm geht es um die Nachfolgeplanung.
Tatsache ist: Sowohl unser Finanzchef David Mathers als auch Romeo Cerutti, unser Leiter der Rechtsabteilung, sind über zehn beziehungsweise zwölf Jahre bei der Bank. Hier geht es um die Nachfolgeplanung.
Reden wir noch über Russland: Sie haben dort etwa 125 Mitarbeiter. Wird das so bleiben?
So wie alle anderen Banken haben wir jegliches Neugeschäft eingestellt. Wir haben unsere Aktivitäten um 56 Prozent zurückgefahren und sind fokussiert auf das Einhalten der Sanktionen – nicht nur jene der Schweiz und der EU, sondern auch Sanktionen von Grossbritannien und USA. Die Mitarbeiter werden nach wie vor bezahlt, aber nur die wenigsten sind im Office.
Sie haben auch einen Russland-Desk in Zürich. Braucht es den überhaupt noch?
Wir haben nicht nur russische Kunden in Russland, sondern auch russische Kunden in der Schweiz, in Middle East oder in London, zum Teil mit zwei Pässen. Da gibt es einiges zu tun.
Sie sind jetzt zwei Jahre im Amt. Sind Sie noch der richtige Mann für diesen Job?
Ich bin fokussiert auf die Umsetzung unserer Strategie. Wir haben klare Ziele für 2024 und das ist mein Mandat. Ich glaube, wenn die Resultate kommen, wird sich das auch im Aktienpreis ausdrücken.
Das Gespräch führte Reto Lipp.