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EU geht gegen Entwaldung in den Tropen vor
Aus Rendez-vous vom 03.01.2024. Bild: Keystone/Victor R. Caivano
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Verordnung gegen Entwaldung EU will keine Abholzung für Schoggi – Schweiz zögert

Firmen müssen nachweisen, dass in ihren Produkten keine Rodung steckt. Das verlangt die EU. Der Bundesrat zögert – noch. Die wichtigsten Antworten.

Darum geht es: Für den Konsum in Europa wird anderswo Wald gerodet. Das gefährdet die Biodiversität und das Klima. Damit soll nun Schluss sein: Ab 2025 dürfen in der EU nur noch Produkte verkauft werden, in denen keine Abholzung steckt. Die Firmen müssen das nachweisen können. Sie müssen jede Kakao- und Sojabohne bis zum Feld zurückverfolgen können. Weil das technisch sehr anspruchsvoll ist, haben kleinere Firmen ein Jahr länger Zeit, diese Sorgfaltspflicht umzusetzen.

Darum betrifft die EU-Verordnung die Schweiz: Die Regeln gelten für Agrarprodukte, für die am häufigsten Wald gerodet wird – Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja, Rindfleisch, Holz und Kautschuk – sowie für Produkte, in denen diese Produkte drinstecken. Sie gelten nicht nur für EU-Firmen, sondern auch für alle Firmen, die in die EU exportieren wollen. Die EU-Regulierung wirkt damit weit über Europa hinaus und auch in der Schweiz: Firmen, die weiter in die EU exportieren wollen, haben noch ein Jahr Zeit, die Sorgfaltspflicht umzusetzen.

Junge läuft an aufgetürmten Baumstämmen vorbei
Legende: Ein Junge läuft an aufgetürmten Baumstämmen vorbei. (Bundesstaat Para, Brasilien, 27.06.23) REUTERS/Nacho Doce

So reagiert Bern: Im Parlament sind verschiedene Vorstösse hängig, die fordern, dass die Schweiz möglichst rasch ähnliche Regeln übernimmt. Im Grundsatz will das auch der Bundesrat, damit «keine zusätzlichen Marktzugangshürden für Schweizer Firmen entstehen», wie er in seiner Antwort auf einen Vorstoss schreibt. Wie und vor allem wann genau der Bundesrat das umsetzen will, bleibt aber unklar. Genau das ist für die Firmen aber entscheidend.

Nestlé und der WWF machen Druck: Die Zeit dränge, finden Nestlé und der WWF, der Bundesrat müsse rasch handeln, damit die EU die neuen Schweizer Regeln bis Anfang 2025 als gleichwertig anerkennen könne. Nur so würden keine zusätzlichen Zollkontrollen nötig. Und sie zeigen auch auf, wie das gehen könnte: Sie haben zusammen ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das aufzeigt, wie der Bundesrat eine eigene Entwaldungsverordnung erlassen könnte.

WWF-Experte: «Die Verordnung hat eine Hebelwirkung»

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Die Landwirtschaft ist für über 85 Prozent der weltweiten Abholzung verantwortlich. Diese Landwirtschaftsprodukte werden mehrheitlich exportiert. Der europäische Konsum ist für insgesamt 16 Prozent der weltweiten Entwaldung verantwortlich.

Romain Devèze, Agrarrohstoffexperte beim WWF Schweiz, sieht in der EU-Verordnung einen Sieg im Kampf gegen die Entwaldung: «Mit der EU-Verordnung hat man eine echte Hebelwirkung in den Produktionsländern.»

Die Schweiz müsse nachziehen, findet Devèze, weil auch sie Verantwortung übernehmen müsse. Das sei aber auch im Interesse der Firmen. Die meisten Schweizer Firmen sind sowieso von den EU-Transparenzregeln betroffen, weil sie ihre Produkte in der EU verkaufen wollten. «Für sie wäre es einfacher, wenn in der Schweiz die gleichen Regeln gelten würden wie in der EU.»

Daniel Imhof, Landwirtschaftschef von Nestlé Schweiz, erklärt: «Wir exportieren einen Grossteil unserer Produkte in die EU und wollen das auch künftig möglichst ohne Hürden tun können.» Darum bereite sich Nestlé seit längerem auf die neuen EU-Regeln vor. Nestlé arbeite zwar seit Jahren an der Rückverfolgbarkeit der Rohstoffe in den eigenen Produkten. «Aber 100 Prozent Entwaldungsfreiheit nachzuweisen, ist eine grosse Herausforderung,» sagt Imhof. Ohne anerkannte Schweizer Regeln müssten die Daten dann auch noch ins EU-Zollsystem eingepflegt werden.

Der Bundesrat unter Zugzwang: Die EU-Entwaldungsverordnung drängt die Unternehmen zu handeln; diese wiederum bauen Druck auf den Bundesrat auf. Dasselbe könnte mit einem neuen Lieferkettengesetz geschehen. Letzte Woche hat die EU neue Regeln eingeführt, die stark an die Konzernverantwortungsinitiative erinnern. Diese gehen viel weiter als die heute in der Schweiz geltenden Regeln. Firmen sind künftig ab einer gewissen Grösse dafür verantwortlich, dass ihre Tochtergesellschaften Menschenrechte und Umweltstandards einhalten. Wenn sie das nicht tun, können Geschädigte in der EU klagen. Diese Regel gilt auch für Schweizer Firmen, sofern sie in der EU mindestens 300 Millionen Umsatz machen. Auch da fragt sich, ob die Schweiz nachzieht, um einen Alleingang zu verhindern.

Rendez-vous, 03.01.2024 12:30 Uhr

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