- In der Causa Pierin Vincenz zeigt sich Raiffeisen-Chef Patrik Gisel erschüttert und spricht von «alarmierenden» Verdachtsmomenten.
- Bei der Präsentation des Raiffeisen-Jahresergebnisses kündigte Gisel an, Beteiligungen zu entflechten und Massnahmen zur Verringerung von Interessenskonflikten zu treffen.
- Für das Geschäftsjahr 2017 meldet Raiffeisen einen Rekordgewinn von 917 Millionen Franken.
- Das entspricht einer Gewinnsteigerung um 22 Prozent im Vergleich zum Ergebnis von 2016.
Raiffeisen hat 2017 mehr Hypotheken verliehen als alle anderen Banken. Die Bankengruppe hält im Hypothekargeschäft nun einen Marktanteil von 17,5 Prozent. Auch neue Kundengelder sind dazugekommen. «Aber es zeigt sich auch, dass Raiffeisen eben vor allem das kann», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Klaus Ammann.
Beim Geschäft mit reichen Kunden beispielsweise hapert es. Die Notenstein-Laroche-Tochter verliert an Kundengeldern. «Pierin Vincenz' Projekt, die Geschäftsfelder zu diversifizieren, hat also keinen Erfolg gehabt», so Ammann.
Pierin Vincenz' Projekt, die Geschäftsfelder zu diversifizieren, hat keinen Erfolg gehabt.
Trotzdem: In ihrem Kerngeschäft ist Raiffeisen so stark, dass sie letztes Jahr den bisher grössten Reingewinn erzielte. In ihrer Medienmitteilung zeigt sie sich denn auch sehr zufrieden mit dem Fünftel mehr Gewinn als im Vorjahr.
Gemäss dem Vorsitzenden der Geschäftsleitung, Patrik Gisel, ist das vor allem auf die Fokussierung auf ein klares Geschäftsmodell zurückzuführen – konkret «der konsequenten Weiterentwicklung unseres Kerngeschäfts ‹Wohnen› sowie dem kontinuierlichen Ausbau der beiden Geschäftsfelder ‹Vermögen› und ‹Unternehmertum›», so Gisel.
«Erschüttert» über Fall Vincenz
Über die Strafuntersuchung gegen den langjährigen Raiffeisen-CEO Pierin Vincenz schreibt die Raiffeisen-Führung in ihrer Mitteilung nichts. Für Vincenz wurde gestern Untersuchungshaft beantragt. Gegen ihn läuft ein Strafverfahren wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung. Eine Anzeige der Kreditkartenfirma Aduno, bei der Vincenz Verwaltungsratspräsident war, hat die Sache ins Rollen gebracht.
«Ich bin extrem erschüttert über die Verdachtsmomente, die jetzt aufkommen», sagte Raiffeisen-Chef Gisel im Anschluss der Medienkonferenz zu SRF, «wir hatten alle keine Ahnung von solchen Geschäften, wenn es denn solche gab.»
Raiffeisen tritt gegen ihren ehemaligen CEO als Privatklägerin auf und hat ebenfalls Strafanzeige eingereicht. Das dadurch entstandene Imageproblem will Gisel durch gute Arbeit bei den Kunden entschärfen.
Unter der Lupe der Finma
2017 war für die Bankengruppe zudem von einem Finma-Verfahren geprägt. Als Folge hat die Bank Massnahmen eingeleitet, «in deren Zentrum die Entflechtung des Beteiligungsportfolios zur Verringerung von Interessenkonflikten steht», wie sie verlauten liess.
Ein Rücktritt kommt für mich nicht in Frage.
Auf die Frage, ob die Raiffeisen weitere personelle Konsequenzen ziehen werde, wollte Gisel keine Auskunft geben. Seinen Rücktritt schloss der ehemalige Stellvertreter von Vincenz indes aus: «Ich habe in den letzten zweieinhalb Jahren sehr viel an Entflechtungs- und Aufräumarbeit geleistet. Ich bin der Überzeugung, dass wir die richtigen Massnahmen getroffen haben. Die müssen weitergeführt werden. Ein Rücktritt kommt für mich nicht in Frage.»