Eines stellt Dani Rodrik gleich klar: Ein Globalisierungsgegner sei er sicher nicht. Er nutze allenfalls die Standardwerkzeuge der Ökonomen, um zu beweisen, dass viele überkommene Meinungen zur Globalisierung falsch seien.
Eine davon ist, dass grenzenloser Handel und Kapitalverkehr Wohlstand für alle schafft. Ein Dogma, das auch mächtige Finanzinstitutionen wie der Internationale Währungsfonds und die Weltbank mit ihrem «Washington Consensus» übernahmen und Entwicklungsländern jahrzehntelang einimpften.
Das sei so pauschal einfach falsch, sagt Dani Rodrik. Klar gebe es viele Profiteure der Globalisierung. Aber eben auch viele Verlierer. Ironischerweise hätten es mit Japan, Südkorea, Indien oder China gerade jene Länder am weitesten gebracht, die ihre Märkte nicht bedingungslos geöffnet, sondern selektiv von der Weltwirtschaft abgeschottet hätten.
Bestes Beispiel sei China. Das Land habe zwar seine Unternehmen in die Welt geschickt, auf der anderen Seite aber seine heimischen Schlüsselindustrien über Jahre geschützt – auch mit hohen Subventionen.
Viele dieser Massnahmen waren mit den internationalen Spielregeln der Welthandelsorganisation nicht vereinbar. China habe sich dadurch aber nicht beirren lassen, sondern die Industrialisierung so vorangetrieben, wie die politische Führung es für nötig hielt. Erst als die Unternehmen stark genug für den Weltmarkt waren, hätten die Chinesen 2001 die Regeln der Welthandelsorganisation akzeptiert, sagt der Amerikaner mit türkischen Wurzeln.
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Netzwerk aus Regeln
Rodriks Fazit: Globalisierung funktioniert am besten, wenn sie in ein Netzwerk aus Regeln eingebettet ist. Markt und Staat seien keine Gegenspieler, sondern gehörten zusammen. Eine Botschaft, die viele konservative Dogmatiker nicht gerne schlucken.
Was passiere, wenn man es übertreibe mit der Deregulierung, habe man bei der Globalisierung der Finanzmärkte allzu deutlich gesehen, sagt Rodrik. Das Problem sei: Es gebe globale Märkte. Und die bräuchten, um gut zu funktionieren, eigentlich globale Regeln. Ideal wäre, wenn eine Weltregierung diese Regeln setzten würde. Aber die werde es nie geben, sagt Rodrik, weil die meisten Länder nicht bereit sein dürften, nationale Kompetenzen abzugeben. Die Welt sei zu gross, zu vielfältig, als dass es gelingen könnte, sie in ein Korsett einheitlicher Regeln zu zwingen.
Rodrik nennt das: Trilemma der Globalisierung. Man könne nicht alle drei Errungenschaften – Demokratie, nationale Selbstbestimmung und grenzenlose Globalisierung – zugleich haben, sagt er.
Als Beispiel nennt er die Europäischen Union. Wenn die europäischen Länder Demokratien bleiben wollten, müssten sie wählen und entweder die politische Integration konsequent vorantreiben oder die wirtschaftliche Union aufgeben.
Alles dazwischen sei sehr problematisch, wie man gesehen habe. Es gebe Zielkonflikte. Rodriks Präferenz ist eindeutig: Er will, dass Demokratien ihre eigenen nationalen Regeln setzen. Und ist dafür bereit, notfalls etwas Sand ins Getriebe der Globalisierung zu streuen. Denn das sei das Paradoxe an der Globalisierung: Wenn man es übertreibe, richte sie mehr Schaden als Nutzen an.