«Schon wieder», ist man geneigt zu denken. Schon wieder senkt die amerikanische Notenbank Fed ihren Leitzins. Und das scheinbar ohne Not. Bereits im letzten Jahr hatte sie den Leitzins dreimal gesenkt, um jeweils 0.25 Prozentpunkte, obwohl die US-Wirtschaft eigentlich relativ robust dasteht.
Nach den drei Zinssenkungen hatte Fed-Chef Jerome Powell denn auch signalisiert, vorläufig nicht weiter an der Zinsschraube zu drehen – weder rauf noch runter. Mitte Februar meinte er gar, er sehe derzeit keinen Grund, warum der Aufschwung der US-Wirtschaft sich nicht fortsetzen sollte.
Alles anders durch Coronavirus
Knapp drei Wochen später ist alles anders: Die Dynamik, mit der sich das Coronavirus verbreitet, ist beeindruckend. Es setzt der Wirtschaft weltweit zu: Industrieunternehmen beklagen Lieferengpässe, Airlines stornieren ganze Flugrouten, Tourismusregionen beklagen, dass die Gäste aus Furcht vor dem Virus zuhause bleiben.
Der US-Wirtschaft geht es zwar immer noch relativ gut. Dennoch senkt Jerome Powell die Zinsen, proaktiv, schneller und stärker als erwartet. Er senkt die Zinsen um einen halben Prozentpunkt. Fed-Chef Powell begründet seine Massnahme mit den Risiken, die vom Coronavirus auf die US-Wirtschaft ausgehen.
Good News für US-Präsident Trump
Das Fed agiert eigentlich unabhängig. Und doch stellt sich die Frage: Reagiert das Fed mit seinem Schritt auf die Forderungen von US-Präsident Donald Trump? Der dürfte sich über die deutliche Zinssenkung freuen. Schliesslich hatte er in den letzten Wochen und Monaten mehrfach genau eine solche Zinssenkung gefordert. Trump hofft, dass dadurch Wirtschaft und Finanzmärkte gestützt werden. Beides wäre gut für seinen Wahlkampf ums Präsidentenamt Ende Jahr.
Pikanterweise doppelt Trump per Tweet nach dem Zinsentscheid des Fed nach: Die Zentralbank müsse ihre Geldpolitik noch weiter lockern und den Leitzins noch stärker absenken. Der politische Druck auf die US-Notenbank wird also anhalten.
Bad News für die SNB
Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist die erneute Zinssenkung in den USA eine schlechte Nachricht. Durch die geldpolitische Lockerung in den USA wird der US-Dollar tendenziell schwächer und der Franken stärker. Das erschwert die Lage für die Schweizer Exportwirtschaft zusätzlich, die ohnehin bereits unter der Frankenstärke leidet.
Und sollte demnächst auch die Europäische Zentralbank die Märkte mit zusätzlichem billigen Geld fluten, wie spekuliert wird, dürfte sich die Situation für die Schweiz noch verschärfen.
Echo der Zeit, 3.3.2020, 18:00 Uhr