Der Schweizer Datenanalyst RepRisk hat Firmen auf der ganzen Welt unter die Lupe genommen: Bei mehr als 2000 von ihnen, so das Ergebnis der Studie, gab es im vergangenen Jahr Vorfälle von Greenwashing.
Die Firmen waren also verwickelt in Waldrodungen, Ölverschmutzung oder die Verseuchung von Trinkwasser. Und: Sie haben sich zusätzlich irreführend zum Thema geäussert.
Weniger falsche Versprechen
Allerdings: Zum ersten Mal seit sechs Jahren, so die Datenanalytiker, sei die Zahl der Greenwashing-Fälle weltweit zurückgegangen – um ganze 12 Prozent. «Weniger Unternehmen werden beispielsweise mit einer Umweltverschmutzung und mit irreführender Kommunikation in Zusammenhang gebracht», erklärt Philipp Aeby, Chef und Gründer der Datenanalysefirma RepRisk. «Die Unternehmen sind also vorsichtiger geworden mit ihren Versprechen.» Was nicht heisst, dass es deshalb weniger Umweltschäden gibt. Aber es gibt weniger falsche Versprechen.
Studie
Die Autoren der Studie vermuten, dass der allgemeine Abwärtstrend beim Greenwashing wahrscheinlich das Ergebnis von mehr Regulation ist. In der EU etwa seien im letzten Jahr zahlreiche neue Rechtsvorschriften in Kraft getreten, die Greenwashing erschweren. Ein weiterer Faktor seien aber auch kritische Verbraucherinnen und Investoren.
Interessant sind die regionalen Unterschiede, die sich in dem Bericht zeigen. In der EU und auch in Grossbritannien nahm das Greenwashing ab, in den USA gab es einen leichten Anstieg. In keinem der analysierten Märkte allerdings stiegen die Vorfälle so stark an wie in der Schweiz: Hier gab es gegenüber 2023 gut 17 Prozent mehr Greenwashing-Fälle. 61 Schweizer Unternehmen waren laut RepRisk in Greenwashing verwickelt. Wie ist das zu erklären?
«Weniger Bewusstsein in der Schweiz für Transparenz»
Zum einen hat die Schweiz einen bedeutenden Finanzsektor. Banken und Versicherungen sind laut dem Bericht besonders anfällig für Greenwashing-Vorwürfe, weil sie häufig umweltbelastende Branchen finanzieren.
Zum anderen betont Philipp Aeby von RepRisk, dass die Zunahme in der Schweiz von vergleichsweise tiefem Niveau aus erfolgt sei. Auch seien die gemessenen Greenwashing-Fälle nicht so schwerwiegend wie in anderen Ländern. «Gleichzeitig ist in der Schweiz noch weniger Bewusstsein da, dass sich der Fokus plötzlich auf Unternehmen richten kann, die genauer zeigen müssen, was sie mit ihren Versprechen meinen - wie wir das zum Beispiel in der EU sehen.»
Tatsächlich gibt es in der Schweiz nach wie vor nur ein sehr weiches Gesetz zu guter Unternehmensführung, seit die Bevölkerung die Konzernverantwortungsinitiative im Herbst 2020 abgelehnt hat. Hierzulande müssen Firmen lediglich Bericht erstatten über ihre Bemühungen um Umweltschutz und Menschenrechte.
«Das muss man sicher angucken», sagt Philipp Aeby von RepRisk. «Genügt es, dass wir in der Schweiz die EU-Regeln einfach nur autonom nachvollziehen? Oder will man wieder etwas Ähnliches machen wie die Konzernverantwortungsinitiative, aber einfach so, dass sie übereinstimmt mit der europäischen Regulation?»
Die Befürworter von strikten Regeln für Schweizer Firmen formieren sich jedenfalls schon: Sie sammeln gerade Geld für eine zweite Volksinitiative.