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Umweltschutz oder Greenwashing CO₂-Zertifikate – mehr als nur fürs gute Gewissen?

Ein Aargauer Reiseanbieter kauft CO₂-Zertifikate für den Badener Wald. Wo fliesst das Geld hin und was bringt es?

«Im aargauischen Baden ist man von überall her innerhalb von zehn Minuten im Wald», sagt Stadtammann Markus Schneider. Die Hälfte der gesamten Stadtfläche besteht aus Wald. «Damit ist es ein extrem wichtiges Gut.»

Schweizweit besteht rund ein Drittel der Gesamtfläche aus Wald.

Fakten zum Schweizer Wald

Diesem wichtigen Gut kann Stadtoberförster Georg von Graefe künftig mehr Sorge tragen. Dies dank der CO₂-Zertifikate des Badener Waldes, die das lokale Reiseunternehmen Twerenbold gekauft hat.

Was sind CO₂-Zertifikate?

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Unternehmen oder auch Privatpersonen können entstandene Emissionen kompensieren, indem sie CO₂-Zertifikate kaufen. Jedes Zertifikat entspricht einer Tonne klimaschädlicher Emissionen, die in einem Projekt nicht entstehen.

Mit dem Geld werden Klimaschutzprojekte finanziert, etwa ein Waldschutzprojekt, der Bau eines Wasserkraftwerks oder ein Aufforstungsprojekt. Firmen können auf diesem Weg das Label «klimaneutral» für sich oder ihre Produkte in Anspruch nehmen.

Mit dem Geld – über die Höhe des Betrages möchten sich die Beteiligten nicht äussern – wird unter anderem Waldpflege betrieben. «Eine der grossen Herausforderungen besteht darin, die Bäume für das immer heissere und trockener Klima fit zu machen», erklärt der Stadtoberförster.

Diese Aufgabe ist ein richter Hosenlupf.
Autor: Georg von Graefe Stadtoberförster Baden

Konkret möchten von Graefe und sein Team mehr Eichen pflanzen, da diese viel klimaresistenter sind, wie zum Beispiel die weit verbreitete Buche. Da der Wald langsam wächst, sei der Zeitdruck gross. «Das ist schon ein ziemlicher Hosenlupf, den wir da stemmen», betont von Graefe.

Dank des Geldes aus dem Verkauf der Zertifikate kann das Forst-Team nun mehr Ressourcen investieren. Weiter soll der Maschinenpark des Forstamtes modernisiert und wo möglich elektrifiziert werden.

Vermeiden, reduzieren, kompensieren

Käufer der CO₂-Zertifikate ist das lokale Reiseunternehmen Twerenbold. Mit dem Flugzeug nach Ibiza jetten, per Kreuzfahrtschiff über die Ozeane cruisen oder mit dem Dieselbus auf Städtereise – die Reisebranche hat keinen klimafreundlichen Ruf.

Was steht im Zertifikat vom Badener Wald?

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Das Waldklimaschutzprojekt Baden generiert jährlich 1600 Tonnen CO₂-Zertifikate. Dies entspricht etwa 1250 durchschnittlichen Bäumen. Diese Zertifikate wurden gemäss dem Standard des Vereins Waldklimaschutz Schweiz ausgestellt. Sie repräsentieren die Menge, welche dem durchschnittlichen CO₂-Ausstoss von 400 Personen in der Schweiz entspricht.

Inhaber Karim Twerenbold stimmt dem gewissermassen zu: «Natürlich hinterlässt das Reisen einen CO₂-Fussabdruck. Wenn ich aber zehn Jahre zurückschaue, dann erkenne ich, dass die Branche durchaus versucht, etwas zum Umweltschutz beizutragen.»

Ein Kreuzfahrtschiff, Zuschauende bejubeln die Jungfernfahrt, Feuerwerke werden gezündet.
Legende: Kreuzfahrten boomen – obwohl sie einen massiven CO₂-Ausstoss haben. Hier verlässt Anfang September 2024 das neue Kreuzfahrtschiff «Disney Treasure» gerade die Werft im deutschen Papenburg. Keystone/Sina Schuldt

Für Twerenbold ist klar, dass es mit dem Kauf von ein paar Zertifikaten nicht getan ist. «Unsere Philosophie ist es, CO₂, wo es geht, zu vermeiden oder zu reduzieren. Wenn das nicht geht, dann müssen wir das kompensieren.»

Zertifikate sind mehr als Greenwashing

Im Zusammenhang mit CO₂-Zertifikaten fällt häufig auch der Begriff «Greenwashing». Der Vorwurf: Ein Unternehmen will sich eine weisse Weste erkaufen, was den Klimaschutz angeht. Ob die Zertifikate wirklich etwas bringen, wird häufig bezweifelt.

SRF-Umwelt- und Klima-Experte Klaus Ammann stellt klar: «Wenn hinter dem Zertifikat eine seriöse Organisation steht, dann klingt das nicht nur schön, sondern bringt auch wirklich etwas.» Es sei wichtig, dass ein gewisses Vertrauensverhältnis bestehe und die Fortschritte messbar gemacht werden.

Idee von Waldzertifikaten nicht neu

Im Kanton Schwyz verkauft die Oberallmeindkorporation OAK seit fast 20 Jahren solche CO₂-Wald-Zertifikate. Verkauft werden sie vor allem an lokale Unternehmen und Organisationen. Mit dem Geld wird die Waldpflege sichergestellt.

Im Kanton Luzern werden CO₂-Zertifikate seit zwei Jahren in grösserem Stil angeboten. Auch da ist das Ziel, dass vor allem lokale Unternehmen die Zertifikate kaufen.

Drei Männer stehen im Wald vor einem Teich.
Legende: Von links nach rechts: Stadtoberförster Georg von Graefe, Karim Twerenbold (Inhaber Twerenbold Reisen) und Stadtammann Markus Schneider präsentieren ihre Arbeit im Badener Wald. SRF/Nina Köpfer

Im aargauischen Baden ist das Zertifikat auf drei Jahre ausgestellt. Stadtoberförster Georg von Graefe hofft, dass das Projekt danach weiterläuft. Karim Twerenbold scheint nicht abgeneigt und betont: «Ich habe eine 4-jährige Tochter und ich bin es ihr schuldig, dass auch sie einen schönen Planeten erleben darf.»

Regionaljournal Aargau Solothurn, 2.10.2024, 17:30 Uhr ; 

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