Die Krise auf dem freiwilligen CO₂-Markt gibt auch an der Klimakonferenz in Dubai zu reden. Wissenschaftler, Investorinnen und Projektentwickler, diskutieren über Wege, wie das Vertrauen in den Markt wieder hergestellt werden könnte.
Aus Bäumen werden CO₂-Zertifikate
Zum Beispiel Jonathan Muriuki aus Kenia. Er ist der regionale Direktor der Nichtregierungsorganisation Restore Africa, die in vielen Ländern Ostafrikas über zwei Millionen Hektaren Land renaturieren will. Restore Africa unterstützt Kleinbauern zum Beispiel beim Pflanzen von Bäumen – mit dem Ziel, unfruchtbares Land wieder nutzbar zu machen.
Wir gehen auf die Investoren zu, zeigen Ihnen ganz genau, was wir machen, damit sie sehen, dass unsere Zertifikate halten, was sie versprechen.
Quasi nebenbei sollen die Projekte von Restore Africa mehr als acht Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr binden, also etwa ein Fünftel dessen, was die Schweiz ausstösst. Dieses Binden von CO₂ lässt Restore Africa zertifizieren. Die entsprechenden Zertifikate verkaufe seine Organisation an internationale Investoren, hauptsächlich Banken, sagt Jonathan Muriuki.
Die aktuelle Krise des freiwilligen CO₂-Marktes spüre er, die Investoren stellen Fragen, sagt Jonathan Muriuki: «Wir gehen auf die Investoren zu, zeigen Ihnen ganz genau, was wir machen, damit sie sehen, dass unsere Zertifikate halten, was sie versprechen.»
Vertrauen in den Markt wurde gebrochen
Das Vertrauen, um das Projektentwickler wie Jonathan Muriuki kämpfen, sei im Markt verloren gegangen, stellt Simone Borghesi fest. Er leitet die Forschungsgruppe Klimawandel am europäischen Hochschulinstitut in Florenz: «Vertrauen muss lange aufgebaut werden. Zerstört ist es schnell. Wir müssen unbedingt verhindern, dass es zu weiteren Vertrauensbrüchen kommt», meint der Forscher.
Sprich: es sollten keine Zertifikate mehr verkauft werden, die nicht halten, was sie versprechen, wie das zum Beispiel beim Schweizer Anbieter South Pole passiert ist.
Nach vorne schauen
Annette Nazareth stimmt zu. Sie hat früher in leitender Position bei der US-amerikanischen Börsenaufsicht gearbeitet und präsidiert heute den sogenannten Integrity Council for Voluntary Carbon Markets (ICVCM): «Es sind Fehler passiert. Jetzt müssen wir nach vorne schauen und für Integrität sorgen, mit strengen Anforderungen an die Projekte.»
Das Einzige, was die Akteure dazu gebracht hat, sich zusammenzuraufen, ist der massive Preisverfall
Zusammen mit fünf anderen Organisationen hat der ICVCM an der Klimakonferenz in Dubai ein neues Rahmenwerk vorgestellt, das es Unternehmen möglich machen soll, die Emissionen seriös zu kompensieren, die sie trotz aller Anstrengungen nicht verhindern können.
Es werde nur aus der Not kooperiert
Findet der freiwillige CO₂-Markt so aus der Krise? Axel Michaelowa, Experte für internationale Klimapolitik am Institut für Politikwissenschaft der Universität Zürich traut der Branche nicht: «Das Einzige, was die Akteure dazu gebracht hat, sich zusammenzuraufen, ist der massive Preisverfall. Aus der Not kooperieren sie jetzt.» Aber ob sie in der Lage seien, die Qualität zu erreichen, die es braucht, um langfristig glaubwürdig sein, sei im Augenblick nicht abschätzbar.
Axel Michaelowa ist überzeugt, dass die Staaten regulierend eingreifen müssen. Die US-Börsenaufsicht hat diese Woche entsprechende Schritte angekündigt. Auch wenn er überlebt, seine bisherige Unabhängigkeit ist der freiwillige CO₂-Markt gerade am Verlieren. Dem Klima kommt das wohl zugute.