Das milliardenschwere Klimaschutz-Unternehmen South Pole zieht Konsequenzen, nachdem in den letzten Wochen und Monaten Missstände aufgedeckt wurden. Die Kritik an der Firma führte zu einer Kaskade von Ereignissen. Jüngste Entwicklung: Der Rücktritt von CEO und Mitgründer Renat Heuberger.
Vom ETH-Studenten zum CEO
Heuberger ist eine schillernde Figur: Im SRF-Podcast «Klimahandel» spricht er über Visionen und Träume, die ihn schon als ETH-Studenten umgetrieben hätten. «Unser Traum war es, die Kräfte der Marktwirtschaft zu nutzen, um ein Umweltproblem zu lösen. Wir wollten so gross denken wie nur möglich», so der 46-Jährige.
Bereits vor über 20 Jahren war Heuberger Mitgründer des Vereins «MyClimate», einer Schweizer Stiftung, die ein Rezept gegen Flugscham entwickelt hat: Wer fliegt, kann seine Emissionen ausrechnen lassen und mit einem Geldbetrag kompensieren. Der Betrag kommt Klimaschutzprojekten zugute.
Ganz ähnlich funktioniert das Businessmodell von South Pole: Die Firma verkaufte Millionen von CO₂-Zertifikaten an Firmen wie Gucci, Volkswagen oder Nespresso. Im Gegenzug können diese sich mit Labels wie «klimaneutral» schmücken. Das Geld soll in Projekte fliessen, die die CO₂-Emissionen der Firmen kompensieren.
Vorwürfe an South Pole
South Pole ist weltweit führend im Handel mit Klimazertifikaten. In den letzten Monaten wurden zunehmend Vorwürfe an ihrem grössten Kompensationsprojekt laut, einem Waldschutzprojekt in Simbabwe. Eine Recherche von SRF, «Die Zeit» und dem Recherchekollektiv «Follow the Money» deckte Missstände auf, die dem Vorzeigeprojekt in Kariba nun zum Verhängnis wurden.
So konnte nur für einen Bruchteil der versprochenen Gelder nachgewiesen werden, dass sie wirklich vor Ort im Waldschutzprojekt ankamen. Zudem findet auf dem Gebiet des zertifizierten REDD+-Projekts in Kariba Trophäenjagd statt, obwohl der Kundschaft der Schutz von Wildtieren versprochen wird.
Auch andere Waldschutzprojekte auf dem freiwilligen CO₂-Kompensationsmarkt sind in den vergangenen Monaten in mediale und öffentliche Kritik geraten. Es gibt grosse Zweifel an deren tatsächlicher Wirksamkeit. So soll auch South Pole wirkungslose Zertifikate verkauft haben, wobei das Zürcher Unternehmen selbst dies vehement bestreitet.
Missstände haben Folgen
Die aufgedeckten Probleme lösten in den letzten Wochen mehrere Entwicklungen aus: Die internationale Zertifizierungsstelle Verra sistierte das Waldschutzprojekt in Simbabwe, worauf South Pole bekannt gab, sich daraus zurückzuziehen. Man beende die Zusammenarbeit mit Carbon Green Africa, dem Projektbetreiber vor Ort, heisst es auf der Firmenwebsite. Die Preise für Klimazertifikate fielen in den Keller, nun der Rücktritt von CEO Heuberger. Er werde interimistisch ersetzt und künftig in beratender Funktion tätig sein, heisst es von South Pole. Man wolle Lehren ziehen und die Qualitäts- und Risikokontrollen verbessern.
Stunden zuvor hatte Nationalrat Bastien Girod (Grüne) bekanntgegeben, South Pole zu verlassen. Er ist seit fünf Jahren an Bord und ein prominentes Aushängeschild. Zuletzt amtete er als «Head of Climate Solutions Europa». Girod schreibt auf der Businessplattform Linkedin, dass eine genauere Prüfung von Klimaprojekten notwendig sei, um mehr Integrität in den CO₂-Markt zu bringen.