Mit einem langen Statement verkündet die Schweizer Firma South Pole, Weltmarktleaderin im Handel mit CO₂-Zertifikaten, den Ausstieg aus ihrem Vorzeigeprojekt Kariba REDD+. Man habe den Vertrag mit dem Eigentümer und Entwickler des Waldschutzprojekts in Simbabwe mit sofortiger Wirkung gekündigt. Dies nach einer Prüfung des Projekts, der damit verbundenen Probleme und der öffentlich geäusserten Vorwürfe.
Handel mit Klimazertifikaten in Prestigeprojekt ausgesetzt
Ein Schritt, der den CO₂-Markt erschüttert: Kariba REDD+ ist eines der grössten CO₂-Kompensationsprojekte der Welt. Recherchen von SRF in Zusammenarbeit mit «Follow the Money» und «Die Zeit» liessen jedoch Zweifel aufkommen an dessen Wirksamkeit.
Die Kritik am Projekt reichte von intransparenten Geldflüssen bis hin zu bezahlter Trophäenjagd, die auf dem Kariba-Projektgebiet stattfindet, obwohl der Kundschaft der Schutz von Wildtieren wie Elefanten versprochen wird. SRF berichtete darüber in der Sendung «10 vor 10» und veröffentlichte dazu die investigative Podcastserie «Klimahandel».
Firmen wie Gucci, Nestlé oder Volkswagen haben im grossen Stil Zertifikate für das Waldschutzprojekt gekauft und auf diesem Weg freiwillig ihre Emissionen kompensiert, um sich selbst mit dem Label «klimaneutral» zu schmücken. Es flossen Millionen von Franken in das Kariba-Projekt, das denn auch die Cashcow von South Pole war – und wesentlich zur Stellung des milliardenschweren Unternehmens beigetragen hat, das auf dem Markt mit CO₂-Zertifikaten führend ist.
Projekt vor einer Woche sistiert
Bereits vergangene Woche gab es Anzeichen dafür, dass die Luft für South Pole im Zusammenhang mit dem Kariba-Projekt dünner wird. Die Zertifizierungsstelle Verra, die zahlreiche Waldschutzprojekte betreut, sistierte das Projekt und leitete eine Untersuchung ein.
Insbesondere die neuen Informationen über das Verteilungsmodell des Geldes und die Trophäenjagd auf dem Projektgelände brachten sie zum Einschreiten. Dass sich South Pole nun komplett aus dem Waldschutzprojekt zurückzieht, wird die Kritik am freiwilligen Kompensationsmarkt weiter befeuern, der weitestgehend unreguliert ist.
Für Aussenstehende kommt der Schritt von South Pole reichlich spät. Axel Michaelowa, langjähriger Experte für internationale Klimapolitik am Institut für Politikwissenschaft an der Universität Zürich etwa sagt: «South Pole hätte viel früher reagieren müssen und so wahrscheinlich den Schaden für das Unternehmen deutlich begrenzen können. Jetzt steht es vor einem Scherbenhaufen.»
South Pole hätte viel früher reagieren müssen.
Für die Firma sei es «eine Katastrophe». Auf die Frage, was der Rückzug von South Pole aus dem Kariba-Projekt nun für die Kundschaft bedeute, hat er keine Antwort: «Was mit den vielen Emissionsgutschriften passiert, die auf den Konten von South Pole liegen, bleibt unklar.»
Welche Auswirkungen der Ausstieg von South Pole mit Sitz in Zürich auf das Unternehmen selbst hat, wird sich zeigen. Gemäss Recherchen von SRF und «Follow the Money» hatte South Pole intern bereits vor zwei Wochen einen Stellenabbau angekündigt. South Pole selbst wollte sich dazu nicht äussern und schrieb: «Wie jedes Unternehmen bewerten wir regelmässig anhand der Marktdynamik und Nachfrage, ob unser globales Team nachhaltig strukturiert und besetzt ist.»