- Ab 2017 tritt der automatische Informationsaustausch AIA nach OECD-Standard in Kraft
- Indem Staaten Finanzinformationen ihrer Bürger im Ausland austauschen, soll grenzüberschreitende Steuerhinterziehung verhindert werden.
- Die USA haben sich bisher nicht zur Teilnahme am AIA verpflichtet
Der 1. Januar 2017 markiert einen Meilenstein in der Geschichte des Bankgeheimnisses. Ab dem kommenden Jahr tritt der automatische Informationsaustausch (AIA) in Kraft. Damit ist das Bankgeheimnis für ausländische Bankkunden aufgehoben. Durchgedrückt hat diesen Schritt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD – vor allem ihre europäischen Mitgliedsländer – auf der Suche nach mehr Steuereinnahmen.
Bisher haben sich 101 Staaten zur Teilnahme am AIA verpflichtet: 54 Staaten werden zum ersten Mal 2017 Informationen über Konten ihrer Bürger im Ausland austauschen, 47 Staaten – darunter auch die Schweiz – folgen 2018. Gemeldet werden den ausländischen Steuerbehörden Kontostand und Erlöse aus dem Verkauf von Finanzvermögen sowie alle Arten von Kapitalerträgen. Dazu gehören Zinsen, Dividenden und Einkünfte aus bestimmten Versicherungsverträgen.
USA gelten als teilnehmender Staat beim AIA
Pikanterweise nehmen ausgerechnet die USA, die in den letzten Jahren im Zuge von Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung Milliarden von Schweizer Banken eingetrieben haben, nicht am AIA teil. Für den Steuerrechts-Professor Robert Waldburger, der an der Universität St. Gallen lehrt und auch Banken berät, ist das eine gravierende Lücke mit weitreichenden Konsequenzen: «Das ermöglicht den Steuerpflichtigen, z.B. eine Offshore-Gesellschaft in oder ausserhalb der USA zu gründen, das Geld auf ein Konto bei einer amerikanischen Bank zu legen und so erfolgt kein automatischer Informationsaustausch.»
Obwohl sich die USA nicht zum AIA verpflichten, werden im Verordnungsentwurf des Bundesrats die Vereinigten Staaten als teilnehmender Staat aufgeführt. Auf die Frage von «ECO», weshalb das so ist, schreibt das zuständige Staatssekretariat für Finanzfragen SIF, die OECD habe eine Übergangsregelung beschlossen, «wonach der Begriff «teilnehmender Staat» im nationalen Recht vorübergehend breit ausgelegt werden kann».
Solche Feinheiten kümmern Finanzunternehmen in den USA nicht: Längst werben amerikanische Firmen unverfroren mit den Möglichkeiten, wie in den USA Steuern umgangen werden können: Weshalb, fragt etwa eine Firma aus Wyoming, würden so viele Trusts in den amerikanischen Westen ziehen? Weil die US-Steuerbehörde im eigenen Land nicht nach Steuerhinterziehern suchen würde.
Geschichte stimmt nicht optimistisch
Der AIA lässt sich auch anders austricksen: Wer sein Geld im richtigen Land in eine Briefkastenfirma steckt, die sogenannt professionell verwaltet wird, zahlt ebenfalls keine Steuern. Robert Waldburger: «Innerhalb des System des automatischen Informationsaustauschs ist die grösste Lücke die Tatsache, dass Gesellschaften, die professionell ihr Vermögen verwalten lassen, sich selber gewissermassen wie eine Bank qualifizieren und damit, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen, keine Informationen liefern müssen – und die Bank, bei der das Geld ist, keine Informationen liefern darf an den Wohnsitzstaat. Was dann dazu führt, dass der Wohnsitzstaat die notwendigen Informationen nicht bekommt – und das ist dann die Lücke.»
Der AIA ist nicht der erste Versuch der internationalen Staatengemeinschaft, grenzüberschreitenden Steuerhinterziehern das Handwerk zu legen. Der französische Ökonom Gabriel Zucman hat vor kurzem ein weit herum beachtetes Buch über internationale Steuerhinterziehung veröffentlicht («The Hidden Wealth of Nations, The Scourge of Tax Havens»). Darin zeigt er auf, wie leicht es Regulierungen Steuerhinterziehern in der Vergangenheit machten, sie zu umgehen.
Deshalb warnt er vor allzu grosse Erwartungen an den AIA: «Wenn ich an die Erfahrungen in der Vergangenheit anknüpfe, wenn ich mir die Geschichte anschaue, bin ich nicht sehr optimistisch.»