Rechtsanwältin Dominique Calco berät Privatsammler bei Kauf und Verkauf von Kunst. Sie ist eingetragen im internationalen Register der Berater im internationalen Kunstmarkt. Das macht sie bei Kriminellen zu einer gefragten Frau.
Immer wieder habe sie dubiose Anfragen erhalten. Zwar sei es im Kunsthandel durchaus üblich, dass man versuche, Interessenten über Kontakte aus der Kunstszene zu suchen. «Deswegen ist es möglich, dass unbekannte Leute anrufen und fragen, ob man jemanden kennt, der Interesse hätte, ein Kunstwerk zu erwerben oder zu verkaufen», sagt Dominique Calco.
Doch gewisse Anfragen aus Südamerika und Osteuropa hätten sie stutzig gemacht. «Sie sagten, sie seien Vermittler und bräuchten einen Anwalt in der Schweiz, um einen Kunstkaufvertrag abzuwickeln.» Es sollte alles in bar abgewickelt werden. Dabei laufe eine Zahlung normalerweise über eine Bank – und nicht mittels Barzahlung bei einem Anwalt. «Ich muss mal annehmen, dass diese Leute bewusst die klassischen Wege vermeiden wollten, um Geld aus Verbrechen zu waschen», so Dominique Calco.
50 Millionen für einen 50-Franken-Picasso
Seitdem Banken zunehmend strengen Regularien unterworfen sind, suchen Kriminelle neue Wege, ihr dreckiges Geld zu waschen. «Der Kunsthandel ist anfällig für Geldwäscherei, weil viel mit Bargeld bezahlt wird», sagt Kunstrechtsexperte Andrea Raschèr.
Hinzu kommt eine Besonderheit von Kunstwerken: «Der Unterschied zwischen dem Materialwert und dem Marktwerk ist oft enorm. Ein Picasso kann 50 Millionen wert sein, der Materialwert ist 50 Franken: Leinwand und Farben.» Da könne es grosse Preismanipulationen geben, gerade bei zeitgenössischer Kunst. Dafür gebe es verschiedene Beispiele.
«Und all diese Faktoren machen den Kunstmarkt attraktiv für Geldwäscherei», sagt Andrea Raschèr.
Schweizer Kunstbranche fühlt sich zu Unrecht an Pranger gestellt
In ihrem Buch «Wir betreten den Kunstmarkt» beschreibt Rechtsprofessorin Monika Roth verschiedene Fälle aus der Schweiz, in welchen der Verdacht von Geldwäscherei mit Kunst zu einer Meldung bei der schweizerischen Meldestelle für Geldwäscherei geführt haben. Ob die Fälle zu einer Verurteilung geführt haben, ist nicht bekannt.
Auf der Website des Bundes
Die Schweizer Kunstbranche fühlt sich denn auch zu Unrecht an den Pranger gestellt. Bargeldzahlungen kämen nicht mehr häufig vor, sagt Fabian Walter, Galerist und Vorstandsmitglied im Dachverband Kunstmarkt Schweiz. «Ich kann mich erinnern: In den Achtzigerjahren und Neunzigerjahren, wenn man etwas für ein paar hundert Franken gekauft hat, dann hat man das bar bezahlt.» Heute bezahle man nicht mehr bar, man habe meistens gar kein Bargeld dabei. «Unsere Leute sind es sich gewohnt, auf Rechnung zu bezahlen, weil sie auch in der Buchhaltung oder für spätere Verkäufe wieder die Belege brauchen und beweisen können müssen, wie das Geschäft abgewickelt worden ist», sagt Fabian Walter.
Trotzdem kritisierte die Branche das neue Geldwäschereigesetz, das seit Anfang Jahr gilt. Laut diesem sind anonyme Bargeldzahlungen nur noch bis 100‘000 Franken erlaubt. Es sei darum gegangen, sagt Walter, dass die Befürworter der Limite die ganze Branche kriminalisiert und gesagt hätten, mit Kunsthandel werde Terrorismus finanziert und Geld gewaschen.
Kunsthändler gehen zur Schulung
Dennoch hat der Verband Kunstmarkt Schweiz auf das neue Gesetz reagiert: «Wir haben nun diese Auflagen. Diese haben wir im Verband unseren Mitgliedern ganz klar kommuniziert», sagt Fabian Walter. Man habe eine Hotline eingerichtet und organisiere Schulungen für die Mitglieder.
Für Andrea Raschèr hingegen geht die Bargeldlimite der Schweiz nicht weit genug: «Die Limite ist wichtig und richtig, aber man ist auf halbem Wege steckengeblieben.» In anderen Ländern gelte eine viel tiefere Limite. «In diesem Sinne ist die Schweiz immer noch in Europa attraktiv für Geldwäscherei in der Kunst», so Andrea Raschèr.
Kürzlich war eine Delegation der OECD in der Schweiz. Die hohe Bargeldgrenze von 100'000 Franken ist ihr zu hoch.