Die Aussicht auf ein weiteres Öffnen der Geldschleusen durch die Europäische Zentralbank (EZB) hat die europäische Gemeinschaftswährung belastet. Nach Börsenschluss notierte der Euro bei 1,2012 US-Dollar und lag damit 0,9 Cent tiefer als am Morgen. Die EZB hatte den Referenzkurs zuletzt am Mittwoch auf 1,2141 (Dienstag: 1,2160) Dollar festgelegt.
Im Handelsverlauf fiel der Euro auf ein Tagestief von 1,2004 Dollar und erreichte damit den tiefsten Stand sei Juni 2010. EZB-Chef Mario Draghi hatte in einem Interview mit dem «Handelsblatt» noch einmal die Bereitschaft zu weiteren Massnahmen der Notenbank im Kampf gegen eine zu niedrige Inflation bekräftigt.
Zinserhöhung beflügelt Dollar
«Das Risiko, dass wir unser Mandat der Preisstabilität nicht erfüllen, ist höher als vor sechs Monaten», sagte der Währungshüter. Die EZB sei deshalb in technischen Vorbereitungen, «um den Umfang, Tempo und die Zusammensetzung unserer Massnahmen Anfang 2015 zu verändern, sollte dies notwendig werden, um auf eine lange Periode zu niedriger Inflation zu reagieren».
Die Aussagen zerstreuten laut Händlern die letzten Zweifel, dass die Notenbank im Kampf gegen die zu niedrige Inflation schon bald mit dem umstrittenen Kauf von Staatsanleihen beginnen wird.
Während die Eurozone damit auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik zusteuert, verfolgt die US-Notenbank seit geraumer Zeit eine Straffung ihrer Geldpolitik. Die Aussicht auf eine erste Zinserhöhung in den USA nach der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise beflügelt den Dollar und setzt den Euro im Gegenzug immer stärker unter Verkaufsdruck.
Günstiger Euro – günstiger Franken
Der Schweizer Franken hat sich über den Jahreswechsel vor allem zum US-Dollar abgeschwächt und sich dabei sehr nahe an die Parität zur Weltleitwährung geschoben. Nach Börsenschluss kostet der US-Dollar 0,9992 Franken nach 1,0064 am Silvesterabend. Der Euro steht bei 1,2021 und hat sich im Vergleich zu den 1,2024 vom Silvester kaum verändert.
Der tiefe Euro hat jedoch auch für den Franken Konsequenzen. Da dieser zum Euro über den Mindestkurs quasi festgebunden ist, wird der Franken natürlich auch schwächer, wenn der Euro gegenüber dem Dollar schwächer wird. «Das hat vor allem für die Exportindustrie Vorteile. Schweizer Exporte in die USA werden günstiger», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Reto Lipp.
Gemäss Reto Lipp wird die Nationalbank weiterhin unter allen Umständen versuchen, die Mindestkursgrenze zu halten. «Der Reputationsverlust wäre zu gross, wenn die Nationalbank (SNB) die Grenze nicht mehr verteidigen könnte.»
Die SNB hat dazu zwei Instrumente: einerseits die Deviseninterventionen – auch in der letzten Woche des Jahres dürfte die Nationalbank wieder am Markt interveniert haben. Zum zweiten gelten ab 22. Januar Negativzinsen. Wenn – vor allem ausländische Banken – hohe Beträge in Schweizer Franken anlegen wollen, müssen sie künftig der Nationalbank 0.25 Prozent Strafzins bezahlen. Das soll ausländische Gelder abschrecken, denn wenn viel Geld in die Schweiz fliesst, wertet sich der Franken auf. Und das will die Nationalbank unter keinen Umständen.