Die Fifa bricht mit einer langjährigen Tradition. Der Weltfussballverband zahlt den 24 Mitgliedern des Exekutiv-Komitees trotz guter Finanzlage ab sofort keine Boni mehr. Gemäss Recherchen des Wirtschaftsmagazins «ECO» hat der Vergütungsausschuss der Fifa diesen wegweisenden Entscheid im Oktober gefällt. Den Mitgliedern des Exekutiv-Komitees wurde er anlässlich der Sitzung Anfang Dezember mitgeteilt.
Die Mitglieder des Exekutiv-Komitees haben die Anpassung der Entschädigung offenbar ohne grosses Murren zur Kenntnis genommen. «Die Leute sind einverstanden, dass mit den Boni Schluss ist. Boni sind immer ein Akt der Willkür», sagt etwa Theo Zwanziger, Mitglied des Exekutiv-Komitees. «Jetzt gibt es eine klare, vernünftige Vergütungsstruktur, die angemessen ist aus meiner Sicht.»
Konkrete Zahlen mochte er nicht nennen, genauso wenig wie die Fifa als Organisation. Er betont jedoch: «Die berühmte Selbstbedienungs-Mentalität, die man immer wieder angeprangert hat, die ist ganz klar weg.»
Ethik-Komitee soll Bestechungs-Hinweisen nachgehen
Hintergrund für den Bruch mit der bisherigen Boni-Kultur ist eine tiefgreifende Strukturreform, die die Fifa an ihrem Kongress im Jahr 2011 formell gestartet hatte. Davor hatte die Fifa Korruptionsvorwürfe jahrelang hartnäckig dementiert und Probleme in Abrede gestellt.
Im Zuge der Strukturreform hat die Fifa unter anderem ein unabhängiges Ethik-Komitee etabliert. Derzeit im Fokus des Ethik-Komitees: die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 nach Russland und 2022 nach Katar. In beiden Fällen gibt es Hinweise auf Bestechung. Bereits aufgearbeitet hat das Ethik-Komitee den Schmiergeld-Skandal rund um die Sportrechte-Firma ISL. Im Zuge der Aufarbeitung der Vergangenheit musste rund ein Drittel der Mitglieder des Exekutiv-Komitees ihre Stühle räumen.
Ebenfalls neu etabliert wurde das Audit- und Compliance-Komitee. Diese Einheit arbeitet ebenfalls völlig unabhängig von der Fifa. Das Komitee untersucht die Finanzströme der Fifa und kontrolliert unter anderem, ob Gelder für Entwicklungsprojekte korrekt verwendet werden. Präsident des Komitees ist Domenico Scala, vormals unter anderem Konzernchef von Nobel Biocare. Er sagt: «Ich bin auch in anderen Firmen im Verwaltungsrat tätig, unter anderem auch als Vorsitzender des Audit Committtees in börsennotierten Firmen, und beurteile meinen Handlungsspielraum bei der Fifa im Vergleich als deutlich grösser.»
Dem Audit- und Compliance-Komitee angehängt ist der ebenfalls neu gegründete Vergütungsausschuss, der diesen Herbst beschlossen hat, dass Mitglieder des Exekutiv-Komitees künftig keine Boni mehr erhalten sollen.
«Die geänderte Entschädigungsstruktur entspricht jetzt dem üblichen Standard für ein solches Komitee, das mehrheitlich ein Entscheidung- und Aufsichtsorgan ist», so Domenico Scala.
Sepp Blatter nicht von Boni-Streichung betroffen
Vom Entscheid nicht betroffen ist Fifa-Präsident Sepp Blatter. Er ist zwar Mitglied des Exekutiv-Komitees, gleichzeitig aber operativ tätig. Damit gebe es laut Domenico Scala keinen Grund, dass Sepp Blatter, wie auch andere leitendende Angestellten der Fifa, künftig keine Boni mehr erhalten sollten.
Ein Grossteil der Fifa-Strukturreform ist umgesetzt. Noch gibt es aber offene Baustellen, etwa die Offenlegung des Lohns von Präsident Sepp Blatter und – aus struktureller Sicht bedeutend wichtiger: Die Fifa kennt für die Mitglieder des Exekutiv-Komitees und für den Präsidenten noch immer keine Amtszeit-Beschränkung. Das ist gemäss Theo Zwanziger heikel: «Es gibt die Sorge, dass zu lange Amtszeiten dazu führen, dass die Abhängigkeiten untereinander zu gross werden und man dann dazu neigt, Fehlverhalten ein Stück weit unter den Teppich zu kehren.»
Geht es nach Theo Zwanziger, soll die Amtszeitbeschränkung am nächsten Fifa-Kongress in Brasilien thematisiert werden. Er weiss aber: «Wir müssen noch sehr viel Überzeugungskraft reinbringen, weil viele im Exekutiv-Komitee denken, jetzt hätte man ja schon ein Ethik-Komitee.» Gemäss Zwanziger ist Präsident Blatter offen für diese Reform: «Präsident Sepp Blatter ist in all diesen Fragen, auch in der Frage der Amtszeitbeschränkung, stark auf der Reformebene.»