Wie gut hat sich die Schweiz wirtschaftlich und finanziell in der Pandemie geschlagen? Bei dieser Frage hilft die Aussensicht, rückt sie die eigene, womöglich verschobene Wahrnehmung von Stärken und Schwächen doch etwas zurecht. Nach Monaten der Nabelschau in Sachen Corona kommt der Länderbericht des Internationalen Währungsfonds zur Schweiz da gerade zur rechten Zeit.
Jammern, wie schlecht die Schweiz die Corona-Krise meistert, ist dieser Aussensicht nach nicht angebracht. «Die Schweiz ist gut durch die Covid-19 Pandemie gesteuert», urteilt der IWF schon im ersten Satz. Mit einem Minus von 2.9 Prozent der Wirtschaftsleistung sei die Schweiz besser durch das letzte Jahr gekommen, als andere europäische Länder. Nicht nur ihrer Wirtschaftsstruktur, sondern auch der schnellen, starken und anhaltenden Politikantwort auf die Krise sei das zu verdanken.
Positiv hebt der Bericht das Krisenmanagement der Regierung hervor, die rasch Gelder in Höhe von über zehn Prozent des Bruttoinlandprodukts in die Hand genommen habe. Auch für die nächsten Monate sieht der IWF die Schweiz auf einem guten Weg. Sollte sich die Lage an der Pandemiefront nicht noch einmal stark verschlechtern, dürfte die Schweizer Wirtschaft laut IWF Prognose in diesem Jahr um 3.5 und im nächsten Jahr um 2.8 Prozent wachsen.
Lob für Geldpolitik
Einen eigenen Abschnitt widmet der IWF im Länderbericht der Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank – und findet auch hier wohlwollende Worte. Die SNB solle, rät der IWF, auch künftig zu unkonventionellen Mitteln wie Devisenkäufen greifen, wenn der Franken unter ungerechtfertigten Aufwertungsdruck gerät.
Ein so internationales Lob für die eigene Geldpolitik dürfte für die SNB wie Balsam wirken. Erst im Dezember hatte das US-Finanzministerium die Schweiz wegen eben dieser Geldpolitik als Währungsmanipulatorin eingestuft. Mit dem Segen des IWF lässt sich solchen Vorwürfen etwas gelassener entgegentreten.
Schuldenbremse und Altersvorsorge in der Kritik
Alles also bestens? Nein, denn der IWF legt den Finger auch auf einige wunde Punkte. Wie schon früher äussert er Kritik an der Schuldenbremse. In ihrer jetzigen Form sei sie zu starr und könne eine schnelle wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie bremsen, heisst es da. Der IWF empfiehlt Reformen, damit die öffentliche Hand künftig mehr Geld ausgibt, statt weniger.
Beim Ausstieg aus der Corona-Krisenpolitik schliesslich steht der Schweiz aus Sicht des IWF ein Balanceakt bevor: Einerseits seien staatliche Stützungsmassnahmen so lange nötig, bis die Gefahr eines erneuten wirtschaftlichen Absturzes verhindert ist. Andererseits warnt der IWF, dass langfristige Stützungsmassnahmen auf dem Arbeitsmarkt zu Verzerrungen führen.
Die Schweiz kommt in der Aussensicht des IWF in Sachen Krisenbewältigung bisher gut weg. Doch das sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Pandemie und ihre Folgen noch nicht ausgestanden sind.