Das muss ganz bitter sein für Ferdinand Karl Piëch. Er hatte sein grosses Lebensziel zum Greifen nah. Und jetzt dies. Sein Wunsch war es immer, den grössten Autokonzern der Welt zu schaffen. Meter für Meter hatte er im Windschatten des führenden Konkurrenten aufgeholt, demnächst wird es tatsächlich so weit sein, dass VW Toyota überholt. Aber jetzt eben ohne Piëch am Steuer.
Kann VW vor Toyota bleiben?
Er wird sich auf seinem Familiensitz im Salzburger Land grün und blau ärgern. Einerseits, weil er das Überholmanöver nicht selber steuern kann, und vor allem, weil er weiss – oder zu wissen glaubt –, dass der VW den Toyota zwar überholt, aber nicht mehr genug Benzin an Bord hat, um dann vorne bleiben zu können.
Das war schon immer Piëchs Sorge: Überholen, aber dann auch vorne bleiben. Das sagte er schon im Getümmel eines Autosalons 2012: «An die Spitze kommen ist leichter als da oben bleiben.»
Schwächen bei der Konzerntochter VW
Dies war letztlich der Kern der Auseinandersetzung bei VW: Konzernleiter Martin Winterkorn ist absolut überzeugt, das Beste aus dem Unternehmen mit weltweit 600'000 Mitarbeitenden herauszuholen. Die Zahlen stimmen, die Qualität stimmt, der Konzern rentiert prima und wächst scheinbar unaufhörlich. Das sieht auch der grosse Teil des Verwaltungsrates so und deckt Winterkorn.
Verwaltungsratspräsident Piëch hingegen sah Wachstumsmärkte, auf denen der Konzern scheitert. Er sah wichtige Produkte, die im Angebot fehlen. Er sah vor allem Schwächen beim grössten Konzernteil, der Marke VW selber. Piëch wollte mehr erreichen und Fehler ausmerzen.
Despot und Autonarr
Er ist und war ein Despot, ein Alleinherrscher, der Fehler nie verzieh. Winterkorn wäre nicht der erste Manager gewesen, der von Piëch von einer Stunde auf die andere rausgeschmissen worden wäre. Nur hat es dieses Mal nicht geklappt. Der Gegner war für einmal stärker als Ferdinand Piëch.
Mit ihm verliert VW sozusagen seinen Motor. Oder jedenfalls dessen Turbolader. Piëch ist der Enkel des Porsche- und VW-Erfinders Ferdinand Porsche. Er ging in Zuoz zur Schule und wurde auf der ETH Zürich Ingenieur. Und: Piëch war und ist zunächst einmal einfach ein Autonarr.
Dass er sich lieber um schnelle Autos kümmert als hochmotivierende Reden zu halten, zeigte sich immer wieder. Etwa als er sich vor zwei Jahren für die Aufnahme in die amerikanische Automobil-Ruhmeshalle bedanken sollte. Da musste er halt mal reden, wenn auch nicht wirklich mitreissend: Er sprach und stotterte von Autorennen und Siegen, auch wenn er sich eigentlich für eine Ehrung bedanken sollte. Piëch fährt Autos lieber, als dass er über sie redet. Und er redet sowieso nicht gern – offenbar auch nicht mit Winterkorn.
Freude bei Piëchs Vettern
Zwar hat der Konzernleiter jetzt gegen Piëch gewonnen; aber er muss nun ohne diesen Turbolader weiterfahren. Piëch, mit seiner Begeisterung für neue Entwicklungen, mit seiner Sucht nach Grösse und seiner kindlichen Begeisterung für alles was Räder hat – Piëch fehlt jetzt.
Die einzigen, die sich darüber wirklich freuen werden, sind seine Cousins: die Porsche-Enkel auf der anderen Seite der Familie. Sie hatten bei all den giftigen familieninternen Eifersüchteleien in der Führung des VW-Konzerns bisher stets den Kürzeren gezogen.