Trotz Konjunktureinbruch und anhaltender Franken-Überbewertung hält die Schweizerische Nationalbank (SNB) unverändert an ihrer Geldpolitik fest.
Insgesamt sei der Franken weiterhin «deutlich überbewertet», kommentierte die SNB ihren Entscheid anlässlich einer Medienkonferenz. Sie bleibe deshalb «bei Bedarf» am Devisenmarkt aktiv, bekräftigte die Bank ihre Geldpolitik, die seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses am 15. Januar gilt. Dieser Bedarf könnte sich schon bald ergeben, sollte Griechenland tatsächlich aus der europäischen Währungsunion ausscheiden.
Weitere Zinssenkungen nicht ganz vom Tisch
Ökonomen hatten dieses Mal mit keinem Kurswechsel gerechnet. Denn womöglich wollten sich die Schweizer Notenbanker die Option einer weiteren Zinssenkung für eine Eskalation der Griechenlandkrise vorbehalten.
Falls es – wie immer stärker befürchtet – tatsächlich zu einem sogenannten Grexit, also dem Austritt des südeuropäischen Landes aus dem Euro, kommt, sind grössere Devisenzuflüsse in den «sicheren Hafen» Schweiz zu erwarten.
In einem solchen Fall könnte sich die SNB gezwungen sehen, zu reagieren. In diese Richtung weisen auch Aussagen des SNB-Präsidenten Thomas Jordan in einem Interview mit dem Fernsehsender CNBC.
«Gegenwärtig sind wir zufrieden mit minus 75 Basispunkten. Wir verfolgen die Entwicklung und den Einfluss der Negativzinsen und werden diesen Einfluss auch in der Zukunft evaluieren», sagte Jordan weiter. Die Notenbank hatte die Negativzinsen eingeführt, um den Zustrom von Geld in den Franken zu bremsen.
Gegenwärtig aber soll das Zielband für den Drei-Monats-Libor weiterhin -0,25 bis -1,25 Prozent betragen. Beim Negativzins von -0,75 Prozent auf Giroguthaben gelten weiterhin die gleichen Freibeträge, mit denen gewisse Anlagen verschont werden.
Negativzinsen offenbar wirksam
Sechs Monate nach der Einführung der Negativzinsen zieht die Nationalbank zudem eine positive Bilanz. Es habe sich gezeigt, dass das Zinsinstrument auch im negativen Bereich wirksam seit. Der Negativzins erfülle aktuell einen sehr wichtigen geldpolitischen Zweck und sollte zur Abschwächung des Frankens führen.
«Wie beabsichtigt hat sich der Negativzins vom Geldmarkt auf den Kapitalmarkt übertragen», sagte Fritz Zurbrügg. Laut dem SNB-Direktoriumsmitglied ist die Handelsaktivität am Geldmarkt zwar nach wie vor tiefer als vor der Finanzkrise, sie habe sich aber etwas belebt.
Inländische Teuerung im grünen Bereich
Für den Rückgang der Inflation in der Schweiz seit der Aufhebung des Mindestkurses sind nach Ansicht der SNB vor allem die Preise von importierten Gütern verantwortlich.
Die inländische Teuerung liege dagegen immer noch im positiven Bereich. Ein anhaltender Preisrückgang oder gar eine deflationäre Spirale sei indes aus heutiger Sicht nicht zu erwarten, erklärte SNB-Chef Thomas Jordan.
Hingegen sei man sich bewusst, dass die aktuelle Wechselkurssituation für die Exporteure, den Tourismus sowie Branchen, die der Importkonkurrenz stark ausgesetzt sind, eine schwere Belastung darstelle. Eine gewisse Durststrecke für die Schweizer Wirtschaft sei jedoch «unvermeidbar», fügte der SNB-Chef an. Die Währungshüter seien aber überzeugt, dass die gegenwärtige Geldpolitik auf lange Sicht dem Gesamtinteresse der Schweiz am meisten dient.
Der Euro notierte zuletzt bei knapp 1,05 Franken und damit auf einem ähnlichen Stand wie bei der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung der SNB im März. Die meisten Ökonomen bezweifeln darum, dass die SNB einen neuen Mindestkurs oder einen Währungskorb ohne grössere Probleme durchsetzen könnte.