In 10 Tagen ist vielleicht der einzige Zeitpunkt des Jahres, in denen die Grossen und die Kleinen der Schweizer Bierbranche für die gleiche Sache aktiv werden. Am «Tag des Schweizer Bieres» zelebrieren Brauereien von Chopfab, über Calanda bis zu Feldschlösschen die Schweizer Braukunst.
Bei Sonnenbräu im St. Galler Rheintal ist eine Reihe von Überraschungen an den Regionalmessen Rhema, Siga und Tom in Vorbereitung. Marketing sei in diesen Zeiten nötig, um im harten Biermarkt nicht unterzugehen.
Claudia Graf, Geschäftsführerin von Sonnenbräu, ist mit ihren Umsätzen zufrieden. Sie seien über die vergangenen 5 Jahre gestiegen. Das ist keine Selbstverständlichkeit für eine kleinere, unabhängige Brauerei in der Schweiz. Die 30-jährige Claudia Graf führt Sonnenbräu im st. gallischen Rebstein seit vier Jahren. Im letzten Jahr hat der Familienbetrieb, der 60 Angestellte beschäftigt, 6,5 Mio. Flaschen Bier verkauft. Oder 32‘000 Hektoliter.
Zum Vergleich: Feldschlösschen in Rheinfelden AG, im Besitz des dänischen Riesen Carlsberg, beschäftigt 1300 Angestellte und produziert pro Jahr 3,4 Millionen Hektoliter – das Hundertfache.
Weniger Biertrinker, massiv mehr Brauereien
In der Schweiz wird längst nicht mehr so viel Bier getrunken wie früher. Der Pro-Kopf-Konsum beträgt heute noch rund 56 Liter pro Jahr. 1990 waren es noch mehr als 70 Liter. Zudem hat die Zahl der Brauereien rasant zugenommen. Nach Angaben der Eidgenössischen Zollverwaltung gibt es heute in der Schweiz 666 Brauereien. 1990 waren es 20 Mal weniger: 33.
Gleichzeitig hat der starke Franken ausländisches Bier noch attraktiver gemacht. «Gerade wir hier in der Grenzregion kämpfen gegen den Einkaufstourismus», sagt Claudia Graf. «Der Ansturm ist noch grösser geworden, auch Detailhändler wollen sich behaupten gegen das nahe Ausland und versuchen, möglichst tiefpreisige Angebote anzubieten. Das sind dann entweder ausländische Biere, aber es sind auch schweizerische Brauereien, vor allem auch die grösseren, die versuchen, gegen diese Tiefpreispolitik anzukämpfen.»
Neben Carlsberg ist Heineken der zweite grosse Akteur im Schweizer Markt. Zum niederländischen Konzern gehören Marken wie Calanda oder Eichhof. Gemeinsam dominieren die beiden mehr als 80 Prozent des hiesigen Biermarkts.
CVP-Nationalrat Alois Gmür bestätigt die Herausforderungen, die Claudia Graf benennt. Er führt selbst eine Brauerei und präsidiert die Interessengemeinschaft unabhängiger Schweizer Brauereien. Gmür weist ebenfalls auf den Import günstiger Biere hin sowie auf die zwei marktdominierenden Player, die die Preise vorgäben. «Der Markt ist umkämpft, Leute trinken weniger. Und das sind schon Herausforderungen für die Kleinen», sagt er. «Man versucht, spezielle Biere – Handwerksbiere – zu brauen. Diejenigen, die das verstehen, haben Erfolg.
Frauen zu Biertrinkerinnen machen
Innovation ist eine der Strategien, mit der Claudia Graf versucht, gegen die Gegebenheiten anzukämpfen. Nach der Devise, Tradition ist gut und wichtig, aber man darf Trends nicht aus den Augen lassen, hat sie ein Getränk aus Bier und Süsswein entwickelt mit dem Namen «Diva». Ziel ist, Frauen ans Bier heranzuführen. «Diva» war ursprünglich als Aktion geplant, ist nun aber wegen guter Nachfrage bereits mehrere Jahre im Programm.
Zusätzlich investiert Claudia Graf verstärkt ins Marketing. Ihr kommt zugute, dass die Marke Sonnenbräu in der Rheintaler Region stark verankert ist. Diesen Vorteil der Tradition nutzt sie aus – mit umfangreichen Ständen und Werbeaktionen ist die Brauerei präsent auf regionalen Anlässen.
Schliesslich versucht die 30-Jährige, ihre Getränke über die Region hinaus bekannt zu machen. Ein logischer Schritt für sie: «Jedes Restaurant und jede Gastronomie braucht selbst immer weniger Bier. Das heisst, wenn man nur den Umsatz behalten will, muss man sich geografisch ausweiten.» so Claudia Graf. Das Potenzial jedenfalls ist gross: Das Stammgebiet von Sonnenbräu reicht von Sargans bis zum Bodensee.
Trotz der Nähe zur Grenze: Eine Expansion ins Ausland kommt für Claudia Graf nicht in Frage. Gegen deutsche Biere bestehen zu wollen, die dazu noch massiv günstiger sind, wäre wohl auch vermessen. Das weiss Claudia Graf spätestens, seit sie sich in München zur Braumeisterin hat ausbilden lassen.