Es brauche einen branchenweiten Gesamtarbeitsvertrag im Detailhandel, sagt Nathalie Imboden von der Gewerkschaft Unia, denn die Probleme in der Branche seien vielschichtig. «Es ist eine Tieflohnbranche, in der mehrheitlich Frauen arbeiten. Es ist auch eine Branche, in der üblicherweise an sechs Tagen gearbeitet wird.» Darunter leide die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Hinzu komme, dass die Umsätze und die Gewinne im Detailhandel in den letzten 20 Jahren gestiegen seien. «Andererseits war die Anzahl der Beschäftigten stabil oder sogar leicht sinkend. Das heisst, immer weniger Leute müssen mehr arbeiten.»
Grossverteiler legen Verträge selbst fest
Entsprechend nehme der Druck auf die Angestellten zu. Bei den Arbeitgebern hingegen heisst es, ein branchenweiter Gesamtarbeitsvertrag ergebe im Detailhandel keinen Sinn. Denn im Vergleich zu anderen Branchen, zum Beispiel zum Bau, gebe es im Detailhandel weniger Unternehmen, dafür einige sehr grosse. Und die wollten ihre Arbeitsbedingungen selber festlegen können.
Häufig sei dies zugunsten der Angestellten, sagt Roland Müller, Direktor des schweizerischen Arbeitgeberverbandes. Es wäre nicht im Sinne der Grossunternehmungen wie beispielsweise der Migros, wenn sie die Arbeitsbedingungen von Coop übernehmen müsste, sagt Müller. «Sie legen andere Schwerpunkte. Sie gewähren dem Personal andere Vorteile als die Konkurrenz.»
Müller nennt ein paar Beispiele: «Die einen haben längere Kündigungsfristen, andere haben vielleicht einen Vaterschaftsurlaub, andere haben Weiterbildungsurlaube. Es ist wirklich sehr unterschiedlich. Dieser Wettbewerb kommt auch den Arbeitnehmenden zu Gute.»
Nur das Minimum wird geregelt
Das sei zwar gut und recht und sicher ein Anfang, heisst es bei der Unia, und doch, betont Gewerkschafterin Nathalie Imboden: «Auch mit einem Branchengesamtarbeitsvertrag ist es jederzeit möglich, dass die, die sich positiv abheben wollen, das können und sollen.» Es sei damit nur das Minimum geregelt.
Nun hofft die Gewerkschaft auf offene Ohren bei den Detailhändlern. Denn die bisherigen Anläufe für einen branchenweiten Gesamtarbeitsvertrag verliefen jeweils im Sand.