Worum geht es? Die Internationale Energieagentur IEA hat einen Bericht veröffentlicht. Darin spricht sie von einem «nie dagewesenen Schock» für das globale Energiesystem. Russlands Krieg gegen die Ukraine habe zu grossen Verwerfungen auf allen Energiemärkten geführt. Kurzfristig sei dieser Schock ein Problem, vor allem für ärmere Haushalte und Länder. Längerfristig aber könnte er die Abkehr von den fossilen Energieträgern beschleunigen.
«World Energy Outlook»
Was steht konkret im neuen «World Energy Outlook»? Der Krieg gegen die Ukraine und die Sanktionen gegen Russland führten zu einer grundlegenden Neuordnung des weltweiten Energiesystems. Bei den fossilen Energieträgern und beim Strom gebe es Knappheiten und drastische Preiserhöhungen, so die IEA. Dies sei insbesondere für ärmere Länder schwierig, die sich die gestiegenen Energiepreise nicht mehr leisten könnten. Als Beispiel nennt der Bericht Südostasien, wo sich die Preise für Erdgas innert Jahresfrist verdoppelt hätten. Auch die ärmeren Haushalte in reicheren Staaten würden unter den steigenden Energiekosten leiden.
Wie reagieren betroffene Länder auf die Energiekrise? Kurzfristig ergriffen viele Staaten Massnahmen, um die Energiepreise für ihre Bevölkerung zu senken oder die Preissteigerungen mit Zuschüssen abzumildern, so die Autorinnen und Autoren des Berichts. Zudem suchten sie nach neuen Lieferanten für Erdgas und Erdöl, etwa im arabischen Raum und in den USA. Anderseits hätten viele Staaten in den letzten Monaten neue, ehrgeizigere Energie- und Klimapläne entwickelt, um die Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern zu senken – so die USA, die EU, China und Japan.
Dies ist ein historischer und definitiver Wendepunkt in Richtung eines saubereren, sichereren und bezahlbaren Energiesystems.
Was heisst das für den Ausbau der erneuerbaren Energien? Die IEA betont, die gegenwärtige Krise sei keine Krise der Erneuerbaren. Im Gegenteil: In den Staaten, wo das Energiesystem breiter diversifiziert ist und die Erneuerbaren eine wichtigere Rolle spielen, seien die Knappheit und Preissteigerungen weniger ausgeprägt gewesen. Die von den Mitgliedsländern der IEA angekündigten Investitionen in Erneuerbare würden bis ins Jahr 2030 auf bis zu 2000 Milliarden Dollar jährlich steigen – deutlich mehr als bisher prognostiziert. Die Schweiz ist eines von 30 Mitgliedsländern.
IEA-Direktor Fatih Birol sagt: «Dies ist ein historischer und definitiver Wendepunkt in Richtung eines saubereren, sichereren und bezahlbaren Energiesystems.» Doch auch wenn der Umbau so schnell vorangehe wie von der IEA prognostiziert, reiche dies nicht, um die Klimaerwärmung auf 1.5 Grad zu begrenzen, so Birol weiter.
Welche Folgen haben Krieg und Sanktionen für Russland? Russland war bisher der weltgrösste Exporteur fossiler Energieträger mit einem Marktanteil von 20 Prozent am weltweiten Handel. Dieser Anteil werde bis 2030 auf 13 Prozent sinken, schreibt die IEA. Dies sei eine dauerhafte Entwicklung, da Europa mittelfristig keine fossilen Energieträger mehr aus Russland beziehen werde und andere Abnehmerländer wie China und Indien nicht in gleichem Ausmass russische Energie importieren würden. Insbesondere beim Erdgas werde es für Russland schwierig, neue Abnehmer zu finden, da die russische Erdgasinfrastruktur fast vollständig auf Exporte nach Europa ausgerichtet ist, so die Bilanz der Energieagentur.