Würde man in Peking nur auf die Handelsbilanz schauen, müsste man schnellstmöglich eine Lösung zur Beilegung des Handelsstreits und zur Aufhebung der Zölle von 145 Prozent auf chinesische Waren finden.
China spielt Vorteil gezielt aus
China exportierte im vergangenen Jahr wertmässig etwa dreimal so viele Waren in die USA, wie es von dort importierte.
Doch es gibt auch andere Sichtweisen. Peking weiss um seine Monopolstellung bei bestimmten Rohstoffen – etwa bei den Seltenen Erden – und spielt diesen Vorteil nun gezielt aus.
Diese Materialien, die unter anderem bei der Herstellung von Elektroautos, in der Raumfahrt und bei Halbleitern benötigt werden, unterliegen seit Kurzem strengen Exportkontrollen. China setzt den ökonomischen Würgegriff an.
«Nachfrage kann man aus dem Nichts schaffen – Angebot nicht»
Gerade dieser Blick aus der Perspektive des Anbieters gibt Peking das Selbstvertrauen, den Handelskrieg länger durchhalten zu können als die USA.
Eine bekannte chinesische Ökonomin brachte es kürzlich so auf den Punkt: «Nachfrage kann man aus dem Nichts schaffen – Angebot nicht.»
Mit anderen Worten: Auch wenn die USA als wichtigster Handelspartner aufgrund der hohen Zölle kaum noch in China einkaufen, lässt sich diese fehlende Nachfrage bis zu einem gewissen Grad kompensieren.
Konsumfördernde Massnahmen
Zum Beispiel unterstützt die chinesische Regierung Konsumentinnen und Konsumenten beim Kauf von Haushaltsgeräten mit Zuschüssen von bis zu 20 Prozent des Preises. Solche konsumfördernden Massnahmen dürften nun noch ausgeweitet werden.
Andersherum können Produkte, die die USA nicht mehr aus China bezieht, nicht so einfach von anderen Märkten ersetzt werden – zumindest nicht kurzfristig.
Und so sieht man in China trotz Rückschlägen auch Chancen in den aktuellen Verwerfungen. Chancen vor allem für neue Allianzen mit anderen Ländern und Regionen: mit der EU, mit Ostasien, mit dem Globalen Süden. Die diplomatischen Bemühungen laufen. China wolle die Beziehungen und den Handel vertiefen, heisst es jeweils von den Pekinger Behörden.
Peking nicht mehr isoliert
Trump eröffnet Peking damit die Möglichkeit zu einer bemerkenswerten Wende: Noch im vergangenen Sommer stand China stark unter Druck und war zunehmend isoliert. Die EU belegte chinesische Elektroautos mit Strafzöllen und nahm bereits weitere Produkte ins Visier. Auch Länder wie Japan und Südkorea orientierten sich zunehmend an den USA. Diese Differenzen scheinen plötzlich beiseitegeschoben.
Peking gibt im Handelsstreit nicht nach – und will langfristig daraus Profit schlagen.